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Polizeitaucher sind auf dem Bodensee bei Sipplingen, unweit der Wasserentnahmstelle der Wasserversorgung, im Einsatz.

Foto: AP/Winfried Rothermel
Die deutsche Polizei sucht weiter nach jenem unbekannten Täter, der den Giftanschlag auf die Wasserversorgung am Bodensee zu verantworten hat. Eine Hausdurchsuchung bei einem Bauern, der schon früher mit der Vergiftung von Trinkwasser gedroht hatte, konnte den Verdacht gegen den Mann nicht erhärten. Auf seinem Hof nahe Ravensburg nahm aber die Polizei nicht näher definierte Gegenstände in Beschlag. Erste Untersuchungsergebnisse dazu werde es frühestens am Mittwochvormittag geben, sagte der Sprecher des Umweltministeriums, Karl Franz, im Gespräch mit dem STANDARD.

Kritik an der Informationspolitik - die Behörden hielten den Giftanschlag mehrere Wochen lang geheim - lässt Franz nicht gelten. Der Drohbrief an die Wasserversorgung Bodensee (BWV), der am 18. Oktober im Büro des Zweckverbands einlangte, sei "nichts Ungewöhnliches" gewesen. Wasserversorger in ganz Deutschland bekämen immer wieder Drohbriefe, die in fast allen Fällen ohne Folgen blieben.

Als am 27. Oktober Proben auf eine erhöhte Atrazin-Belastung des Wassers hinwiesen, wurden sofort die Sicherheitsbehörden, auch jene der Nachbarländer, alarmiert. Die gegenseitige Information regelt der so genannte "Öl-Alarmplan", der erlassen wurde, weil früher eine Pipeline von Ingolstadt nach Genua über das Bodenseeufer führte.

Alarmplan ausgeweitet

Die Pipeline ist mittlerweile stillgelegt, der Alarmplan wurde auf alle Verseuchungsmöglichkeiten ausgeweitet. Seit wenigen Tagen sind die Umweltinstitutionen rund um den See auch online vernetzt. Karl Franz: "Das soll noch schnellere Reaktionen ermöglichen, aber auch Prognosen bei Wetterereignissen." Im Umweltministerium will man künftig Kontrollen verstärken.

Der Bodensee ist für Millionen Deutsche und rund 250.000 Schweizer Trinkwasserreservoir. Die Wasserversorgung Bodensee, ein 1954 gegründeter Zweckverband, ist der größte Fernwasserversorger Deutschlands, er deckt den Trinkwasserbedarf von mehr als fünf Millionen Menschen in Baden-Württemberg.

Beim Anschlag wurden zwei offene Fünfliterkanister mit dem synthetischen Unkrautvernichtungsmittel Atrazin in Sipplingen am Überlingersee deponiert; neben den Rohren, durch die das Wasser zur Trinkwasseraufbereitung aus dem See gepumpt wird. Taucher bargen die Kanister aus 60 Meter Tiefe.

Obwohl seit 11. September 2001 die Sicherheitsvorkehrungen gegen Terroranschläge verstärkt wurden, wird die Wasserentnahmestelle mit Bojen gekennzeichnet. Der Generalsekretär der baden-württembergischen CDU, Thomas Strobl, schlägt nun vor, auf diese Markierung zu verzichten, um künftig ähnliche Anschläge zu erschweren.

Vor Nachahmungstätern warnte der Psychologe Adolf Gallwitz von der Fachhochschule der Polizei in Villingen-Schwenningen. Durch den Giftanschlag habe "in keiner Phase" Gesundheitsgefährdung gedroht, wird von den Behörden versichert. (Jutta Berger/DER STANDARD; Printausgabe, 16.11.2005)