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Im Gespräch mit Michael Völker fordert Herwig Van Staa vehement eine Reform des ÖBB-Dienstrechts.


STANDARD: Sind die Grünen aus Ihrer Sicht ein geeigneter Koalitionspartner für die ÖVP?


Van Staa: Ich glaube, es ist jede demokratische Partei ein möglicher Partner, aber es beginnen sich bereits Vorwahltendenzen breit zu machen. Und ich halte das angesichts des EU-Vorsitzes in Österreich nicht für eine glückliche Vorgangsweise, wenn man an seine staatspolitische Verantwortung denkt, auch in einer Oppositionspartei.

STANDARD: Sind Ihnen die Grünen derzeit zu aggressiv?


Van Staa: Vor allem wirken sie irritierend durch eine besondere Linkslastigkeit in Wien. Ich habe mit dem Wiener Bürgermeister Michael Häupl gesprochen, er hat mir auch gesagt, es kommen gelegentlich Töne, die schon sehr schwer zu verstehen sind.

STANDARD: Wäre Ihnen eine große Koalition lieber?


Van Staa: Ich war immer ein Sympathisant einer großen Koalition - wenn es gelingt, Vereinbarungen zustande zu bringen, die sozial ausgewogen und zukunftsorientiert sind und vor allem die Arbeitsplätze sichern. Das ist in einer globalisierten Welt sehr schwierig. Wenn man eine große Koalition macht, muss man wissen, was man reformiert und man muss es den Menschen auch offen sagen. Die Frau Merkel hat im deutschen Wahlkampf stark Stimmen eingebüßt, weil sie den Menschen ungeschminkt die Wahrheit gesagt hat, hinsichtlich der Mehrwertsteuererhöhung und der Anpassung des Sozialsystems. Aus dem, was jetzt in Deutschland ansteht, erkennt man, wie notwendig die Reformen sind und was Rot-Grün in Deutschland eigentlich angerichtet hat.


STANDARD: Sehen Sie in Österreich einen ebenso großen Reformbedarf?


Van Staa: Bei uns haben viele Maßnahmen bereits gezogen. Sehr viele Reformen, die Deutschland jetzt viel härter durchführen muss, sind schon gemacht worden. Wir haben jetzt die Debatte um die Bundesbahn samt Streikdrohungen. Hier muss die staatspolitische Verantwortung her, die Bahn muss effizienter werden, das ist eine Aufgabe des Managements. Diese Effizienzbemühungen dürfen nicht durch gewerkschaftliche Maßnahmen, von denen jeder eigentlich weiß, dass sie nicht gerechtfertigt sind, behindert werden. Auch bei der Bahn muss ein Besoldungs-und Pensionssystem eingeführt werden, das den europäischen Entwicklungen Rechnung trägt. Sonst ist man nicht konkurrenzfähig. Gerade wir in Tirol brauchen eine äußerst effiziente Bahn.

STANDARD: Sie treten für die Änderung des Dienstrechts bei den ÖBB ein?


Van Staa: Ich trete für eine Änderung des Dienstrechts bei der ÖBB ein, für eine Annäherung mit entsprechenden Übergangsfristen, aber für ein Höchstmaß an Flexibilität und für Lockerungen beim Kündigungsschutz. Wobei diese Lockerungen in allen Bereichen des öffentlichen Lebens eingeführt werden müssen. Wer seine Arbeit ordentlich macht, soll ordentlich entlohnt werden, wer krank ist, braucht einen ausreichenden Schutz, und wenn jemand arbeitslos wird, kriegt er auch einen entsprechenden Schutz. Aber bei Menschen, die ein System ausnützen, auch wenn es nur wenige sind, muss es die Möglichkeit geben, dienstrechtliche Maßnahmen zu ergreifen.

STANDARD: Die Streikdrohung schreckt sie nicht?

Van Staa: Steiks sind immer unangenehm, aber wenn sie unausweichlich sind, muss man sie in Kauf nehmen. (DER STANDARD, Printausgabe, 14.11.2005)