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Foto: APA/EPA/Rungroj Yongrit
Wien - Finanzminister Karl-Heinz Grasser ist eigentlich ein Fan der so genannten "Reichensteuer" - solange sie nur in Deutschland eingeführt wird. Angesichts der wirtschaftlichen Krise in Europas größter Volkswirtschaft hält Grasser die Erhöhung des Spitzensteuersatzes in Deutschland für ein "gutes Signal".

Alle Schichten müssten ihren Beitrag zur Sanierung des schwer defizitären deutschen Bundeshaushalts leisten. Grasser: "Da wäre es auch gut, den Politikern höhere Beiträge abzuverlangen, um eine besondere Glaubwürdigkeit zu erlangen."

Aber immer nur für Deutschland gedacht: Österreich sei ja Gott sei Dank in einer "völlig anderen Situation".

Steuer runter ...

Das Thema "Reichensteuer" sei hier zu Lande schlicht "ohne Bedeutung", die Frage stelle sich in Österreich einfach nicht. Denn Grasser denkt in eine andere Richtung: "Wir müssen mit den Steuern insgesamt runter."

Sein Staatssekretär Alfred Finz hat allerdings schon einmal anders geklungen: Vor zwei Jahren dachte Finz laut darüber nach, die Steuern auf Vermögen zu erhöhen. Diese Steuern sind zwar in Österreich sehr niedrig, deshalb avancierte Finz auch vorübergehend zum Darling der Linken - von den Kollegen aus den Regierungsparteien erntete er hingegen nur Kritik.

Die Idee war rasch vom Tisch. Stattdessen denkt die ÖVP derzeit über die Senkung der Spitzensteuer nach. Früher fielen 130.000 unter den Spitzensteuersatz, derzeit müssten bereits 340.000 Österreicher Spitzensteuer bezahlen, argumentiert ÖVP-Finanzsprecher Günter Stummvoll, warum "bei der Spitzensteuer etwas passieren muss. Die betrifft derzeit zu viele."

Einer Wiedereinführung der Vermögenssteuer, die Stummvoll als Finanzsstaatssekretär mit SPÖ-Finanzminister Ferdinand Lacina 1994 abgeschafft hatte, kann Stummvoll im STANDARD-Gespräch nichts abgewinnen: "Mit Ausnahme von Grund und Boden ist Vermögen so mobil wie noch nie. Und Grund und Boden zu besteuern - da denke ich nicht darüber nach, ich bin doch kein politischer Selbstmörder."

... Abgaben rauf

Die Opposition hingegen wünscht sich durchaus höhere Abgaben für Vermögende. Der grüne Budgetsprecher Werner Kogler würde die Besteuerung von Reichen allerdings nicht über eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes angehen. Ihm ist es ein Anliegen, den "unerträglichen Zustand zu beseitigen, dass die Reichsten zwei Drittel des Gesamtvermögens besitzen". Diese Gruppe sollte "endlich" ihre Beiträge zum Sozial- und Bildungsstaat leisten.

Das ist auch dem Grünen Sozialsprecher Karl Öllinger wichtig. Er hat einerseits Verständnis für Stummvolls Argument, nach dem zu viele bereits vom Spitzensteuersatz erfasst werden ("das trifft ja auch schon mittlere Einkommen") - andererseits will Öllinger die wirklichen Spitzenverdiener zur Kasse bitten: Ein fixer Zuschlag wie in Deutschland angedacht könnte bei Einkommen ab 150.000 oder 200.000 Euro eingeführt werden: "Aus verteilungs- und sozialpolitischer Sicht halte ich das für angebracht."

Strenger argumentiert SPÖ-Budgetsprecher Christoph Matznetter: Er will ausschließlich, dass Besserverdienende mehr Sozialversicherungsbeiträge leisten und daher die Höchstbeitragsgrundlage erhöhen. Derzeit beträgt sie 3630 Euro, im kommenden Jahr steigt sie auf 3750 Euro - die SPÖ würde sie aber auf 5000 Euro erhöhen.

Außerdem will Matznetter die Beitragsgrundlage erweitern - also etwa Einkünfte aus Mieten oder andere nicht lohnabhängige Einnahmen mit einbeziehen: "Damit wird der Faktor Arbeit entlastet." Die Reichensteuer oder auch die Vermögenssteuer lehnt Matznetter hingegen ab: "Das deutsche Modell wollen wir nicht." (cs, eli, miba, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.11.2005)