... so der britische Mediziner Martin McKee bei einer "Public Health"-Tagung in Graz. Und: Österreich sei in Raucherfragen ein Entwicklungsland.

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Graz - "Das Geld, das ein Staat in sein Gesundheitssystem investiert, bekommt er über die Wirtschaft zumindest um das Zweifache zurück", rechnet der Mediziner und Experte für Bevölkerungsgesundheit, Martin McKee, im Gespräch mit dem STANDARD vor. Der Wissenschafter vom Londoner Institut für Hygiene und Tropenmedizin untersucht im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit dem Europäischen Observatorium für Gesundheitssysteme und -politik wirtschaftliche, kulturelle und soziale Aspekte im Zusammenhang mit der Gesundheit der Bevölkerung (Public Health).

Während der positive Einfluss einer stabilen Gesundheit auf den Wohlstand eines Landes vor allem in Entwicklungsländern ein Gemeinplatz sei, fänden diese Erkenntnisse innerhalb der EU nicht genug Beachtung, bedauert McKee.

Der aus Nordirland stammende Wissenschafter nahm Ende vergangener Woche an einer internationalen "Public Health"-Konferenz in Graz teil. Zu der Tagung, welche die AG Public Health der Medizinischen Universität Graz unter Leitung des Sozialmediziners Horst Noack organisierte, kamen rund 800 Experten der Gesundheits- und Vorsorgewissenschaften. In Workshops und Vorträgen wurde erörtert, wie man über die öffentlichen Systeme die Gesundheit aller Europäer verbessern könnte.

"Menschen, die bei guter Gesundheit sind, haben bessere Chancen, mehr zu verdienen, nicht arbeitslos zu werden oder früh in Pension zu gehen", erklärt McKee. Während Bevölkerungsgesundheit also allen nutzt, werde trotzdem nicht in die Gesundheit aller ausreichend investiert. "Und darunter verstehe ich nicht, den Ärzten mehr zu bezahlen, sondern dafür zu sorgen, dass etwa die Leute, die einen chirurgischen Eingriff benötigen, diesen auch bekommen." Seine Untersuchungen belegten nämlich deutlich, dass Menschen mit höherer Bildung und besserem Einkommen in der EU auch eher operiert werden.

Andere wichtige Gegenspieler der Bevölkerungsgesundheit seien Fastfood oder überzuckerte Produkte, die längerfristig "ein wirkliches Problem" würden.

Land der Raucher Was aber speziell Österreich im Vergleich zu anderen EU-Ländern vor allem in Angriff nehmen müsse, sei ein Rauchverbot an öffentlichen Plätzen: "Es ist nicht meine Aufgabe, den Österreichern zu sagen, was sie tun sollen, aber hier sind sie unglaublich weit hinten. Selbst in Italien funktioniert das schon." Nur in Deutschland sei es ähnlich schlimm. "Dabei kann man die Schäden des Rauchens erst in etwa 30 Jahren erkennen. Teenager, die jetzt damit beginnen, haben ein sehr hohes Risiko, mit Mitte 40 an Lungenkrebs zu erkranken, und die Brustkrebsrate wird in Österreich steigen, da immer mehr Mädchen rauchen." (Colette M. Schmidt/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15. 11. 2005)