Wien - Seit der Wahl von Mahmoud Ahmadinejad zum Staatspräsidenten im Juni dieses Jahres ist die Lage im Iran "strenger geworden". Diese Ansicht äußerte die Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi in einem Interview mit der Tageszeitung "Die Presse" (Dienstag-Ausgabe)." Allerdings habe der Staatspräsident laut Verfassung keine großen Machtbefugnisse, räumte Ebadi ein, die sich anlässlich der Internationale Islam-Konferenz in Wien aufhält.

Aus diesem Grund habe auch der frühere Präsident Mohammed Khatami, der das Lager der ReformerInnen vertreten hatte, nicht viel ausrichten können. "Khatami hat tief in seinem Herzen an Reformen geglaubt. Aber er konnte nichts durchsetzen. Während seiner Präsidentschaft wurde ich festgenommen. Khatami meinte, es tue ihm sehr Leid. Helfen konnte er nicht. Jetzt ist es nicht viel anders, nur entschuldigt sich der Staatspräsident nicht mehr dafür."

Verbote

Neuerdings würden im Iran aber alle Internetseiten gefiltert, die mit Frauen zu tun haben, berichtete die Anwältin ihre Erfahrungen. "Die Regierung Ahmadinejads hat sämtliche literarische und künstlerische Werke verboten, die Nihilismus, Säkularismus und Feminismus verbreiten. Da bleibt nicht mehr viel übrig, worüber die Leute noch reden können."

Zu den jüngsten Drohungen Ahmadinejads, Israel von der Landkarte zu tilgen, meinte Ebadi: "Kein Staat, der Mitglied der UNO ist, darf die Beseitigung eines anderen Staates fordern. Abgesehen davon hat der Iran gar nicht die Macht dazu. Das sind Parolen, die islamische Regierungen von sich geben. Mit den Gefühlen der Menschen in den islamischen Ländern darf das nicht durcheinandergebracht werden."

Mit dem Tod bedroht

Der Friedensnobelpreis von 2003 schütze sie im Iran nicht vor Repressionen, sagte Ebadi. "Ich werde im Iran mit dem Tod bedroht. Ich erhalte ständig anonyme Drohbriefe. Mir wird vorgeworfen, westliche Menschenrechte zu verteidigen und mich gegen die Interessen des Iran einzusetzen. Ich war bereits einmal im Gefängnis, und es gab zwei versuchte Terroranschläge gegen mich. Ich bin wie durch ein Wunder am Leben geblieben."

Der Streit um das iranische Atomprogramm habe "die Hardliner" politisch stärker gemacht, meinte die Anwältin und Frauenrechtlerin gegenüber der "Presse". "Und eine Kriegsdrohung von außen würde erst recht dazu führen, dass sich die Bevölkerung auf die Seite der Regierung stellt." (APA)