Wien - Zehn Tage vor der nächsten Sitzung des Gouverneursrats der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO/IAEO) hat der US-Delegationsleiter bei der IAEO, Greg Schulte, eine kritische Zwischenbilanz im Atomstreit mit dem Iran gezogen. "Bis jetzt ist der Fortschritt (des Iran) nicht so gut, wie es die internationale Gemeinschaft wünscht", erklärte Schulte am Montagabend am Rande eines Vortrags zum iranischen Atomprogramm im Wiener Amerikahaus.

Er bekräftigte, Teheran müsse seine Ambitionen auf ein Nuklearprogramm aufgeben, sonst "werden wir uns verpflichtet fühlen, mit dem Bericht an den (UNO-)Sicherheitsrat voranzugehen als Teil unserer Bemühung, Druck auf sie (die Iraner) auszuüben".

Statt die umstrittene Uran-Umwandlung zu stoppen, wie von der internationalen Gemeinschaft verlangt, habe Teheran die Konversion in einer zweiten Phase fortgesetzt, kritisierte Schulte. "Anstatt den Belangen der internationalen Gemeinschaft zuzuhören, scheint der Iran den Prozess weiter voranzutreiben."

Der Iran habe bis jetzt auch keinen Willen gezeigt, die Verhandlungen mit den so genannten EU-3 (Deutschland, Frankreich, Großbritannien) wieder aufzunehmen. Den Vorschlag Teherans zu einem internationalen Joint Venture für das Atomprogramm habe "niemand (...) besonders ernst genommen, denn das hätte es ihnen erlaubt, den (Uran-)Anreicherungsprozess fortzusetzen".

"Sehr gemischt" fällt nach Ansicht des Botschafters auch die bisherige Bilanz zu der Frage aus, ob Iran voll mit der IAEO kooperiere. Teheran habe IAEO-Inspektoren zwar in die Hochsicherheitsanlage Parchin gelassen, den Zugang zu einer zweiten Anlage jedoch verweigert. Zudem habe Teheran noch nicht alle von der Atomenergiebehörde angefragten Informationen zur Verfügung gestellt, wie etwa zu der Entwicklung von Atomsprengköpfen für die Mittelstreckenrakete "Shahab-3". Um zu beurteilen, in welchem Maße der Iran mit der IAEO kooperiere, werde man aber auch den Bericht von IAEO-Generaldirektor Mohamed El Baradei abwarten, den dieser beim nächsten Gouverneursrat in der kommenden Woche vorlegen wird.

"Im Moment schauen wir und die anderen Ratsmitglieder sehr genau darauf, was in den nächsten zehn Tagen (bis zur Sitzung des Gouverneursrats) passiert", so Schulte. Der Gouverneursrat werde Teherans Fortschritte dann genau prüfen. Die USA seien an einer diplomatischen Lösung der Krise interessiert. Notwendig sei eine "strategische Entscheidung" der iranischen Führung, jegliche Ambitionen auf ein militärisch nutzbares Atomprogramm aufzugeben und mit der internationalen Gemeinschaft zu kooperieren. Das sei eine Entscheidung, die sich in den verbleibenden zehn Tagen treffen und kommunizieren lasse.

Die USA und die EU verdächtigen den Iran, unter dem Deckmantel der zivilen Nutzung mit angereichertem Uran Atomwaffen entwickeln zu wollen. Teheran weist diese Vorwürfe zurück. Der IAEO-Gouverneursrat hatte in einer Resolution Ende September festgestellt, dass der Iran gegen Bestimmungen des Atomwaffensperrvertrags verstoßen habe. Das macht eine Überweisung des Falles an den UNO-Sicherheitsrat, wie von den USA gewollt, prinzipiell möglich; ein Zeitpunkt wurde aber offen gelassen. Das jüngste Kompromissangebot von EU und USA zur Lösung des Konflikts sieht eine Anreicherung von iranischem Urangas in Russland vor. (APA)