Drei unterschiedliche Positionen
In Pristina wird das bereits im September vom Präsidenten des Kosovo, Ibrahim Rugova, bestellte Verhandlerteam unterdessen zwischen drei unterschiedlichen Positionen wählen müssen. Eine wurde vom Vorsitzenden der größten oppositionellen Demokratischen Partei, Hashim Thaci, eine andere vom Koordinator der Arbeitsgruppen der albanischen Verhandlerdelegation, Blerim Shala, angefertigt. Den dritten Verhandlungsentwurf erhielt die kosovarische Delegation von ihrem US-Berater, dem Rechtsexperten Paul Williams, der in dieser Funktion auch vor sechs Jahren bei den gescheiterten Kosovo-Friedensverhandlungen in Rambouillet dabei war.
Entgegengesetzte Positionen
Die Verhandlungspositionen Belgrads und Pristinas sind entgegengesetzt. Belgrad widersetzt sich einer Unabhängigkeit des Kosovo, die wiederum von Pristina energisch verteidigt wird.
Im Entwurf Serbiens wird darauf hingewiesen, dass der künftige Status des Kosovo und Metohija (Metochien) nur im Rahmen "entsprechender Prinzipien und Normen der Vereinten Nationen und sonstiger internationaler Organisationen unter Beachtung der Verfassungsordnung Serbien-Montenegros" definiert werden könne, berichtet die Tageszeitung "Politika". Das serbische Parlament werde jede aufgezwungene Lösung als "illegitim, gesetzeswidrig und ungültig" ansehen. Gleichzeitig wird die Bereitschaft Belgrads zu einem Kompromiss bekundet und die Vermittlerrolle der Vereinten Nationen im Verhandlungsprozess begrüßt.
Verhandlungsergebnisse durch ein Referendum bestätigen
Die serbischen Verhandler werden aufgefordert, sich nur im Rahmen des vom Parlament erhaltenen Mandates zu bewegen und das Parlament über den Verlauf der Verhandlungen am Laufenden zu halten. Der Vizechef der ultranationalistischen Serbischen Radikalen Partei, Tomislav Nikolic, stellte am Montag auch die Forderung, die Verhandlungsergebnisse durch ein Referendum bestätigen zu lassen. Sofern bekannt wurde dies nicht in dem Positionspapier aufgenommen.
Die drei Entwürfe der albanischen Seite haben eines gemeinsam: Kosovo muss unter Wahrung der aktuellen Provinzgrenzen unabhängig werden, heißt es darin. In allen drei Entwürfen wird auch die künftige Präsenz der Staatengemeinschaft im Kosovo - EU, NATO - begrüßt.
Organisation nach dem Dayton-Modell
Der von Shala angefertigte Entwurf enthält auch einen Abschnitt über die "Allgemeinen Gefahren für das Verhandlungsteam im Laufe der Verhandlungen", berichtete die Belgrader Tageszeitung "Blic" (Dienstag-Ausgabe). Als Gefahr Nummer eins wird dabei die Teilung des Kosovo bezeichnet, die Shala zufolge erfolgen dürfte, wenn keine andere Lösung gefunden wird. Eine zweite Gefahr würde eine Organisation nach dem Dayton-Modell bzw. die Bildung von zwei Landesteilen, den so genannten Entitäten, darstellen. Als Gefahr wird auch die mögliche Bildung einer serbischen Autonomieregion im Norden der Provinz sowie die Kantonsbildung angesehen. Eine "bedingte" Unabhängigkeit, die als Lösungsmöglichkeit im Gespräch ist, wäre Shala zufolge ebenso schädlich, da sie eine endgültige Lösung der Status-Frage hinausschieben würde.