Straßburg/Wien - Die Leiterin der ÖVP-Delegation im EU-Parlament und designierte Bezirksvorsteherin der Wiener Innenstadt, Ursula Stenzel, wird noch bis März EU-Abgeordnete bleiben. "Ich werde am 22. Dezember angelobt und dann innerhalb von drei Monaten mein Mandat zurücklegen", sagte Stenzel am Dienstag vor österreichischen Journalisten in Straßburg. Diese Frist werde ihr in der Wiener Stadtverfassung zugestanden, um ihr Büro und ihre Agenden "ordentlich zu übergeben".

Am 22. Dezember findet die Bezirksvorsteher-Wahl statt. Sie wolle jedenfalls "die Entscheidungen der Parteigremien" abwarten, bevor sie weitere Schritte setze, so die ÖVP-EU-Parlamentariern.

Die Delegationsleitung sei mit ihrem Mandat "verbunden", daher werde sie beides gemeinsam zurücklegen, so Stenzel. Bis zum Ablauf der gesetzlichen Frist werde sie "alles was notwendig" ist in Brüssel und Straßburg erledigen. Das Hauptaugenmerk werde in den nächsten Monaten aber auf der Vorbereitung für ihre neue Aufgabe in Wien liegen. Derzeit bestehe daher "kein Handlungsbedarf".

Zwei Gehälter

So lange die designierte Bezirksvorsteherin der Wiener Inneren Stadt nach ihrer Angelobung auch EU-Abgeordnete bleibt, hat sie Anspruch auf zwei Politiker-Gehälter. Allerdings gibt es einen Bezugsdeckel, war auf APA-Anfrage in der Parlamentsdirektion in Wien zu erfahren. Stenzel ließ ausrichten, sie wolle in der Übergangszeit auf den Bezirksvorsteher-Lohn verzichten.

180 Prozent Höchstbezug

Der laut Bundesbezügegesetz erlaubte Höchstbezug liegt bei 180 Prozent eines Abgeordnetengehalts. Er ist damit genauso hoch, wie das Gehalt eines Staatssekretärs und beträgt derzeit 13.909 Euro. Nach ihrer Angelobung am 22. Dezember werde Stenzel spätestens im Jänner diesen Wert überschreiten, meint man in der Parlamentsdirektion. Als Abgeordnete bekommt sie nämlich 7.727 Euro monatlich (brutto, 14 Mal pro Jahr), als Bezirksvorsteherin 9.040 Euro. Dem Gesetz entsprechend würde dann der niedrigere Bezug, also jener für das EU-Mandat, entsprechend gekürzt.

Stenzel selbst ist auf den Doppelbezug keineswegs erpicht. "Es gibt keine wie immer geartete Doppelbezugsgeschichte", betonte ihre Sprecherin auf APA-Anfrage. Der Bezirksvorsteher-Lohn "wird nicht angetastet", solange Stenzel auch noch als EU-Parlamentarierin tätig sei - und das sei bis zu drei Monate lang möglich. Sollte es keine gesetzliche Regelung geben, die das ermögliche, werde Stenzel das Geld für einen "sozialen Zweck im 1. Bezirk" spenden.

SP-Berger kritisiert politische Doppelfunktion

Die Ankündigung der ÖVP-Europaabgeordneten Ursula Stenzel, neben der künftigen Tätigkeit als Bezirksvorsteherin in Wien auch noch bis zu drei Monate lang ihr EU-Mandat auszuüben zu wollen, löst bei SPÖ-EU-Delegationsleiterin Maria Berger Kopfschütteln aus. Eine derartige Doppelfunktion bedinge zwangsläufig, dass Stenzel keinem der beiden Mandate in Brüssel wie in Wien gerecht werden könne, meinte sie in einer Aussendung.

"Jeder, der mit EU-Politik näher vertraut ist, weiß, dass der intensive Arbeitsalltag und der Sitzungskalender eines Europaabgeordneten es nicht zulassen, gleichzeitig ein Amt wie das einer Bezirksvorsteherin im Heimatland gewissenhaft auszuüben", so Berger. Nun kündige Stenzel zudem an, dass ihr politisches Hauptaugenmerk in den nächsten Monaten auf Wien liegen werde, weigere sich aber, die Delegationsleitung der ÖVP-EU-Abgeordneten abzugeben.

"Angesichts der Tatsache, dass Österreich ab Jänner 2006 die EU-Ratspräsidentschaft innehat und es daher einer starken Vernetzung der heimischen Politik mit den Abgeordneten in Brüssel und Strassburg bedarf, eine höchst rätselhafte Vorgangsweise Stenzels", so Berger: "Offenbar findet die ÖVP, die sich einst 'Europapartei' titulierte, mittlerweile nichts daran, dass ihre EU-Delegationsleiterin in Zeiten einer österreichischen Ratspräsidentschaft als Wiener Lokalpolitikerin auftritt." (APA)