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Die EU-Richter hatten die Tiroler Fahrverbote in ihrem Urteil als "unverhältnismäßig" und EU-widrig bezeichnet.

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Straßburg/Wien/Innsbruck – Positiv fallen die Reaktion in Tirol und Wien auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum sektoralen Fahrverbot in Tirol aus. Die EU-Richter hatten am Dienstag die Tiroler Fahrverbote in ihrem Urteil vom Montag als "unverhältnismäßig" und EU-widrig bezeichnet. "Vor Erlassung einer so radikalen Maßnahme wie der eines völligen Fahrverbots auf einem Autobahnabschnitt, der eine überaus wichtige Verbindung zwischen bestimmten Mitgliedstaaten darstelle, hätten die österreichischen Behörden sorgfältig prüfen müssen, ob nicht auf weniger beschränkende Maßnahmen zurückgegriffen werden könnte", so der EU-Gerichtshof in seinem Urteil.

Entsprechende Vorbereitungszeit

Aber die EU-Richter ließen ausdrücklich die Möglichkeit zu, solche Fahrverbote nach entsprechender Vorbereitungszeit zu erlassen. Im Prinzip will Tirol auch diesen Weg gehen, sagten Landeshauptmann Herwig van Staa (ÖVP) und Verkehrslandesrat Hannes Gschwendtner (SPÖ). Einen Zeitpunkt für einen neuen Vorstoß Tirols für ein sektorales Fahrverbot wollte Gschwentner nicht nennen. Ein Richtwert seien die vom EU-Generalanwalt bereits im Sommer genannten eineinhalb bis zwei Jahre, die dem Transportgewerbe Gelegenheit geben sollen, sich zeitgerecht umzustellen.

Auch Vizekanzler Hubert Gorbach hofft, auch nach der Aufhebung der sektoralen Lkw- Fahrverbote auf der Brenner-Autobahn, dass solche Maßnahmen künftig möglich sein werden. Das sektorale Fahrverbot auf der Brenner- Autobahn sei zu wenig vorbereitet und zu schnell umgesetzt worden, befand Gorbach nach dem Ministerrat.

Verordnung vom Mai 2003

Hinter dem sperrigen Begriff sektorales Fahrverbot verbirgt sich eine Verordnung, die das Land Tirol am 27. Mai 2003 erlassen hat. Demnach galt ab 1. August desselben Jahres auf dem etwa 46 Kilometer langen Teilstück der A 12 zwischen Hall und Wörgl, dass Lkws mit über 7,5 Tonnen nicht fahren dürfen, wenn sie Abfälle, Getreide, Rundholz und Kork, Nichteisen- und Eisenerze, Steine, Erden, Aushub, Kraftfahrzeuge und Anhänger oder Baustahl transportieren. Das Land argumentierte die Einschränkung mit einer Überschreitung von Schadstoffgrenzwerten.

Als Problem bezeichnet es Gschwenter, dass nach der EuGH-Entscheidung Tirol für die neuerliche Erlassung eines sektoralen Fahrverbotes die Mithilfe des österreichischen Parlaments braucht. Denn der EuGH verlangt nationale Maßnahmenpakete und die müssten vom Parlament im Rahmen von Gesetzesänderungen beschlossen werden. Hier ist aber auch die Regierung am Zug.

Keine effizienteren Mittel

Gschwentner geht davon aus, dass es keine effizienteren Mittel als das sektorale Fahrverbot gibt, um die Schadstoffwerte bis 2010 unter den dann verbindlichen EU-Grenzwert bei den Stickoxiden zu bringen. In Tirol werde derzeit an Gutachten gearbeitet, die auch in der EU überzeugen sollen.

Fritz Gurgiser vom Transitforum verlangt vom Land Tirol und der Republik "möglichst rasch und rechtlich einwandfreie Verordnungen zu erlassen", die dazu führen sollen, 500.000 Lkws jährlich von der Straße auf die Schiene zu bekommen. Für den Grünen Tiroler Klubobmann Georg Willi hat der EuGH das sektorale Fahrverbot "gekippt". Jetzt seien umgehend andere Maßnahmen umzusetzen. (Alexandra Föderl-Schmid, Hannes Schlosser, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.11.2005)