Dass man von sechs Euro am Tag nicht recht satt werden kann, das hätte man auch vorher wissen können. Dem Innenminister haben es die Zivildiener schon vor Jahren gesagt, der ganzen Koalitionsregierung, dem Parlament. Geholfen hat es nicht - es mussten erst die Verfassungsrichter zum Erkenntnis kommen, dass die Verpflegungsgelder zu niedrig angesetzt wurden. Immerhin werden sie jetzt angepasst. Und alle tun überrascht, denn anständig zahlen will keiner.

Mit anständiger, wenn auch in keiner Weise üppiger Bezahlung würde sich der Zivildienst in vielen Bereichen nicht rechnen - nur zum Billigtarif können sich viele Trägerorganisationen den Einsatz der Wehrersatzdiener leisten.

So bleibt der zivile Ersatz für den ungeliebten Wehrdienst auch drei Jahrzehnte nach seiner Einführung problematisch. In manchen Köpfen spukt immer noch die Vorstellung herum, dass die jungen Männer quasi dafür "bestraft" werden müssen, dass sie sich dem Heer entziehen. Das ist die eine Erklärung dafür, dass wiederholt Regelungen beschlossen wurden, die den Zivildienst eben ein bisschen weniger attraktiv machen sollen als den Wehrdienst. Die andere ist, dass man Zivildienern, die oft sehr professionelle Arbeit leisten, eben nicht ein Profi-Gehalt zahlen will - weil sonst die Kosten aus den Fugen gerieten.

Beim Bundesheer hat man inzwischen erkannt, dass man Freiwillige für einen professionellen Einsatz nur bekommt, wenn man marktgerecht bezahlt. Natürlich setzt das Budgetumschichtungen und Budgeterhöhungen voraus - und diese wird man auch bei den sozialen Diensten brauchen. Denn eines Tages könnte die Wehrpflicht ganz fallen und mit ihr die Grundlage für den Zivildienst. Wird man dann auch überrascht sein und behaupten, die Lücke sei nur zu Hungerlöhnen zu füllen? (DER STANDARD, Printausgabe, 16.11.2005)