"Wenn wir keine klare Position gegen die religiösen Führer beziehen, die die Gewalt anheizen, und diese nicht isolieren, droht der Kampf der Kulturen", warnte der New Yorker Rabbi Arthur Schneier zum Abschluss der Wiener Islamkonferenz am Mittwoch.

Der gebürtige Wiener und Holocaust-Überlebende Schneier gehörte neben Kardinal Christoph Schönborn, dem syrischen Großmufti Ahmad Bader Hassun und dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I zu den prominenten geistlichen Schlussrednern der Konferenz.

Für Diskurs ...

Die friedliche Koexistenz der Weltreligionen hängt für Kardinal Schönborn, wie er in seiner Rede betonte, von der Lösung einer "Schlüsselfrage" ab: "Wird es gelingen, den christlichen und muslimischen Missionierungsauftrag mit Respekt und Toleranz zu verbinden?" Nach den Vorträgen der geistlichen Würdenträger bestand kein Zweifel, die Frage ohne Umschweife mit Ja beantworten zu können. Alle Abschlussredner verurteilten Gewalt und Terror und betonten den friedlichen Kern der drei Weltreligionen. Über aktuelle Konflikte wurden dagegen kaum gesprochen, Kritik selten geübt.

Schönborn selbst rief zu einem innerreligiösen Dialog über die "Bedeutung des Missionsauftrags" und zu einem offenen Diskurs über die Sorgen der jeweils anderen Glaubensgemeinschaft auf.

Großmufti Hassun kritisierte, dass die für die Konferenz angereisten Staatsoberhäupter des Irak, Jalal Talabani, und Afghanistans, Hamid Karsai, am Schlusstag der Konferenz nicht anwesend waren, und erntete heftigen Applaus: "Es ist ihnen nicht gelungen, Frieden zu schaffen. Ich hätte mir gewünscht, sie wären hier geblieben und hätten uns zugehört", sagte Hassun. Zugehört hat allerdings ein anderer Prominenter: Der US-Botschafter im Irak, Zalmay Khalilzad, war Gast in der Hofburg. ... gegen Zersplitterung Enes Karic, Leiter der Fakultät für Islamwissenschaften an der Universität Sarajewo, kritisierte wiederum die Zersplitterung der Muslime in Europa. Es gebe türkische, pakistanische oder arabische Moscheen in Europa, aber keine universellen, sagte Karic. Das Problem dabei: "Je universeller eine Kultur ist, umso akzeptierter ist sie", sagte Karic. Der Westen sei gerade deswegen so "reich und mächtig", weil er universell auftrete. (szi, DER STANDARD, Print, 17.11.2005)