Die Vorwürfe gegen den praktischen Arzt aus Knittelfeld werden immer detailreicher. Mehrere Frauen sollen sich bereits als Zeuginnen gemeldet haben. Bereits 1999 und 2004 soll es zu Anschuldigungen gekommen sein. Auch Nachforschungen, nachdem der Arzt eine Frau im Swingerclub verletzt haben soll, wurden nach Berichten wegen nicht ausreichender Beweise eingestellt.

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Knittelfeld/Leoben – "Das ist gelinde gesagt eine Sauerei." Der Bürgermeister der obersteirischen Stadt Knittelfeld, Siegfried Schafarik, ist entsetzt. Einem Arzt, der seit Jahrzehnten in der Stadt mit ihren 12.740 Einwohnern praktiziert und lebt, wird vorgeworfen, pornografische Fotos von Patientinnen gemacht zu haben. In mindestens drei Fällen handelte es sich dabei um Minderjährige im Alter von 13 bis 15. Bei dem 52-jährigen praktischen Arzt, der teilgeständig ist, wurden rund 500 Aufnahmen von der Polizei beschlagnahmt. Ins Rollen gekommen war der Fall, weil die Mutter einer 13-Jährigen, bei welcher der Verdächtige ein Intimpiercing vornahm, Anzeige erstattete. Der Arzt soll dem Mädchen angeboten haben, sie könne mit Fotos "bezahlen".

Bereits 1999 und 2004 wurde gegen den Familienvater wegen Vergewaltigung und Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses ermittelt. "Jedoch konnten damals nicht genügend Beweise erbracht werden", erklärt der zuständige Leobner Staatsanwalt Rainhard Kloibhofer, der nun unter anderem wegen verschiedenen strafbaren Handlungen gegen die Sittlichkeit und Sexualdelikten ermittelt. "Wir überprüfen auch, ob es für die Piercings Einverständniserklärungen der Eltern gab." Wenn nicht, handelt es sich um Körperverletzung.

Wegen Verdunkelungsgefahr inhaftiert

Ob die erwachsenen Frauen, die auf den Fotos zu sehen sind, die Aufnahmen freiwillig machen ließen, müsse auch untersucht werden. Zudem werde geprüft, ob der Praktiker Zusatzqualifikationen für Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen, die er anbot, obwohl sie normalerweise von Gynäkologen durchgeführt werden, besaß. Der Mediziner wurde wegen Verdunkelungsgefahr inhaftiert.

Mediziner war auch Schularzt

Der Mann war auch Schularzt an einer Bundeshandelsschule, dort habe es "nie irgendetwas gegeben", erzählt die Direktorin Claudia Brandner dem STANDARD. "Aber bei uns gehen die Mädchen immer nur zu zweit zum Schularzt. Zu ihrem eigenen und seinem Schutz. Gerüchte hat man über ihn schon immer wieder gehört." Das bestätigt auch Schafarik, "aber Gerüchte weise ich aus Prinzip immer zurück". Frauen müssten ihren Angreifer jedoch "unbedingt immer anzeigen, egal, ob er Pfarrer, Arzt, Bürgermeister oder Polizist ist!" (APA,Colette M. Schmidt, DER STANDARD – Printausgabe, 18. November 2005)