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Ein Mitglied des Schweizer Teams will eine Stange dem Absender zurückschicken.

Foto: APA/EPA/Okten

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Heftige Tumulte am Kabineneingang: Emre (schwarze Hose, graues Shirt) schnappt sich einen Schweizer.

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Huggel übernimmt volley.

Zürich - Die unschönen Szenen vor und nach dem entscheidenden Barrage-Rückspiel Türkei - Schweiz, in dem sich Österreichs EM-Partner 2008 am Mittwoch in Istanbul die WM-Fahrkarte nach Deutschland sicherte, hat am Grünen Tisch des Fußball-Weltverbandes (FIFA) ein Nachspiel.

Scharfe Reaktion zu erwarten

Wie Präsident Sepp Blatter am Donnerstag auf einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz bekannt gab, hat die FIFA eine Untersuchung eingeleitet. "Ich sage das nicht als Schweizer, sondern als FIFA-Präsident: Wir werden auf die Vorfälle hart reagieren. Das war Anti-Fair-Play", sagte der Chef des Weltverbandes, der offen ließ, ob es auch gegen die Schweizer zu einem Verfahren kommen könnte. Von Null bis zu einer Suspendierung des türkischen Verbandes oder einem Ausschluss von der nächsten WM-Teilnahme könne alles passieren.

Rasender Blatter

"Das macht mich rasend. Da stimmt etwas im Fußball nicht, was da passiert ist. Das habe ich noch nie erlebt", meinte der oberste Fußball-Funktionär. Er sei sehr aufgebracht, weil er für einmal ein bisschen seine sprichwörtliche Neutralität aus dem Spiel lasse.

Am 9. Dezember muss der Fall vom Tisch sein

Jeder, der angegriffen oder angeklagt werde, habe anschließend das Recht, sich zu verteidigen. Der FIFA-Präsident kündigte aber an, dass da hart durchgegriffen werde. Vor der Auslosung der WM-Gruppen am 9. Dezember in Leipzig müsse der "Fall" vom Tisch sein, ließ Blatter wissen.

Auseinandersetzung im Ausgang

Unmittelbar nach Spielende, das den Hausherren mit 4:2 zwar den Sieg, den Gästen dank des Heimerfolges (2:0) vier Tage zuvor in Bern auf Grund der Auswärtstorregel aber die WM-Teilnahme 2006 in Deutschland sicherte, waren die Gästespieler mit Wurfgegenständen bombardiert worden und war es in den Katakomben des Sükrü-Saracoglu-Stadions von Fenerbahce zu wilden Auseinandersetzung unter den beiden Delegationen gekommen.

Tätliche Angriffe

Mitglieder des Schweizer Teams seien von Türken tätlich angegriffen worden, berichtete Pierre Benoit, der Medienchef des Schweizer Verbandes (SFV). Ersatzspieler Stephane Grichting soll demnach einen Tritt in den Unterleib erhalten haben und in ein Spital gebracht worden sein. Einige anderen Akteure sollen ebenfalls attackiert worden, aber mit blauen Flecken davongekommen sein.

Streller: "Jeder musste um sein Leben rennen"

"Was nach dem Spiel geschehen ist, ist ein Skandal", sagte kopfschüttelnd der Schweiz-Stürmer Marco Streller, der das zweite Tor der Gäste beim 2:4 erzielt und nach dem 2:0 im Berner Hinspiel damit dank der Auswärtstorregel die Qualifikation sicherte. "Jeder musste um sein Leben rennen. Sicherheitsleute und türkische Spieler haben uns angegriffen", erzählte der Legionär des Stranzl-Vereins VfB Stuttgart.

Huggel teilte aus

Auch die Schweizer waren nicht unbedingt zimperlich: Benjamin Huggel verpasste Mehmet Özdilek einen Revanche-Fußtritt, der türkische Physio-Trainer hatte zuvor einen Schweizer getreten. Der Türke Alpay teilte auch aus, ehe er von Buggel in die Mangel genommen wurde, sehen Sie selbst das Video zum Vorfall. Huggel meinte am Donnerstag zu dem Vorfall: "Er hatte vorher auf gleiche Weise Barnetta getreten, ich habe ihn gerächt. Jetzt werde ich wohl 100 Jahre gesperrt."

Altintop-Brüder als Fluchthelfer

Ein trauriges Lied vom eidgenössischen Spießrutenlauf konnte auch Raphael Wicky singen. "Es waren untragbare Zustände, es war unfassbar, türkische Spieler und Ordnungskräfte haben auf uns eingeprügelt. Ich habe Schläge gegen den Kopf und in den Rücken bekommen", erzählte der HSV-Profi, der die gegnerischen Altintop-Brüder in Schutz nahm. "Sie haben mich vor ihren eigenenTeamkollegen verteidigt und mich in die Kabine gebracht. Wenn die beiden nicht gewesen wären, dann Gute Nacht", so Wicky.

Zwei Stunden in Kabine

Der 28-Jährige und seine Landsleute haben sich nach der Partie zwei Stunden in der Kabine eingeschlossen. "Von da aus habe ich einige Telefonate geführt. Ich wollte meinen Eltern und meinen Freunden sagen, was sich gerade abspielt und dass ich in Sicherheit bin. Später wurden wir dann unter Polizeischutz ins Hotel gebracht", schilderte Wicky.

Kameraleute attackiert

Kameraleute, die die Tumultszenen vor den Garderoben hatten filmen wollen, wurden ebenfalls attackiert. In diesem Zusammenhang nannte die Zeitung "Milliyet" den türkischen Spieler Emre. Von offizieller türkischer Seite gab es zunächst keine Stellungnahme zu den Auseinandersetzungen und den drohenden Konsequenzen. Hakan Sükür kündigte lediglich das Ende seiner Teamkarriere an, der 34-jährige Stürmer will nach dem Scheitern der Jugend Platz machen.

Schikanen am Flughafen

Die schon nach dem Berner Hinspiel aufgeheizte Stimmung begleitete die Schweizer seit ihrer Ankunft am Bosporus. Auf dem Atatürk-Flughafen war die Truppe von "Nati"-Teamchef Köbi Kuhn während der Einreiseformalitäten stundenlang schikaniert, beim Ausgang von Hasstiraden empfangen worden und auf der Fahrt vom Airport ins Hotel ihr Bus mit Gegenständen beworfen worden. Das alles führte sogar dazu, dass ein Training abgesagt werden musste.(APA/AP/dpa)