Rom - Die italienische Opposition startet mit einer Referendumskampagne zur Abschaffung der Verfassungsreform, die das Parlament in Rom am Mittwochabend definitiv verabschiedet hat. Die so genannte Föderalismus-Reform dehnt die Kompetenzen der Regionen und die Macht des Ministerpräsidenten aus. Eine halbe Million Unterschriften will die oppositionelle Mitte-Links-Allianz in den kommenden Wochen sammeln, um zur Ausschreibung einer Volksabstimmung zu gelangen. "Wir werden diese Entstellung der Verfassung verhindern", kommentierte Oppositionschef Romano Prodi, der bei den Parlamentswahlen im kommenden April gegen Regierungschef Silvio Berlusconi antritt.

Verfassungsgemäß kann nach der Billigung einer Revision des Grundgesetzes eine Volksabstimmung ausgeschrieben werden, wenn es eine halbe Million Bürger oder für Regionalräte fordern. "Die Drohungen der Linken schüchtern uns nicht ein. Damit werden die Italiener aufgefordert, für oder gegen die Reform zu stimmen. Ein Referendum wird uns den Wind der Erneuerung in Italien nicht aufhalten", kommentierte der Chef der Lega Nord, Umberto Bossi. Für den Lega-Vorsitzenden ist die Billigung des Föderalismus-Pakets im Parlament die Krönung einer politischen Karriere, die er dem Projekt einer Föderalisierung Italiens gewidmet hat.

Kernpunkt der Reform ist die von Bossi und seinen Parteifreunden geforderte "Devolution", welche die Kompetenzen der 15 Regionen ohne Sonderstatut wesentlich stärkt. Die Regionen erhalten exklusive Kompetenz in den Bereichen lokaler öffentlicher Sicherheit, Gesundheits- und Schulwesen. Zur Finanzierung dieser Bereiche sollen sie die auf regionaler Ebene eingetriebenen Steuern selbst verwalten können. Das strikt zentralistische Steuersystem wird zu Gunsten der Regionen geschwächt. Rom soll wegen seiner Rolle als Hauptstadt eine Sonderautonomie erhalten und über stärkere Finanzierungen verfügen. "Nach dieser Reform werden wir für eine noch stärkere Autonomie der Regionen im Steuerbereich kämpfen", sagte Bossi nach Angaben der römischen Tageszeitung "La Repubblica" am Donnerstag.

Neben der Rückbildung des Zentralstaats zu föderativen Strukturen ist auch die Machterweiterung für den Ministerpräsidenten ein wesentlicher Punkt der Reform. Die Rolle des Regierungschefs wird gestärkt. Automatisch wird "Premierminister", wer das siegreiche Wahlbündnis anführt hatte, der Spitzenkandidat also. Zur Einsetzung bedarf es künftig nicht mehr einer Vertrauensfrage im Parlament. Der Premier nominiert und entlässt seine Minister und braucht dafür fortan nicht mehr das Plazet des Staatspräsidenten. Der Regierungschef kann dem Staatschef vorschlagen, die Kammern aufzulösen und Neuwahlen auszurufen. Damit verliert der Staatspräsident seine wichtigsten Rechte.

Auch das Parlament erfährt eine große Strukturreform. Im Abgeordnetenhaus sitzen demnach nicht mehr wie heute 630 Deputierte, sondern nur noch deren 518, wobei 18 von ihnen von den Auslanditalienern bestimmt werden; der Senat wird 252 Mitglieder zählen und künftig eine Art Ständerat bilden, zuständig für die Belange der Regionen. Mussten bisher alle Gesetze stets in beide Kammern (und bei Abänderungen in einer wieder zurück), kümmern sich fortan die Abgeordneten vordringlich um die Dossiers des Zentralstaates, während sich die Senatoren mehrheitlich der Fragen regionalistischer Natur annehmen. (APA)