Konkret geht es um ein Beiblatt zum "Haftbericht II/Verständigungsblatt für Festgenommene". Dieses enthält zur Unterschrift den Passus auf Deutsch: "Ich kenne mein Recht, eine Vertrauensperson oder einen Rechtsbeistand verständigen zu dürfen". Die englische Übersetzung lautet demnach: "WALVER: I hereby walve the right to a person of confidence (or a legal counsel) informed of my arrest."
Wenn man die unrichtige Rechtschreibung von "Waiver" berücksichtige, solle das offensichtlich bedeuten: "Ich verzichte auf eine Vertrauensperson (oder einen Rechtsbeistand)...", kritisiert die Rechtsanwaltskammer. Gleiches gelte für die französische Übersetzung "RENONCIATION: J'ai renonccé d'informer une personne de confiance (oú un advocat) de mon arrestation."
"Nicht nachvollziehbar"
Für den Präsidenten der Wiener Rechtsanwaltskammer, Harald Bisanz, ist dies absolut "nicht nachvollziehbar". Handle es sich doch um ein offizielles Beiblatt, das Inhaftierten regelmäßig zur Unterschrift vorzulegen sei. Auch unter Berücksichtigung des Bestrebens, Strafverfahren möglichst rasch abzuwickeln, sei ein "Szenario, und sei es durch einen Übersetzungsfehler, einen Verdächtigen seines Grundrechtes auf Verteidigung zu beschneiden, entschieden genau der falsche Weg".
Bisanz: "Entgegen allen Beteuerungen in der Vergangenheit lässt dieses Geschehen ein bedenkliches Rechtsstaatsverständnis vermuten (und sei es aus intellektueller - allerdings hochgradiger - Ungenauigkeit)." Und das im Herzen von Europa, so Bisanz. Die Wiener Rechtsanwälte sehen hier akuten Handlungsbedarf durch das zuständige Innenministerium.
Formulare gibt es offiziell nicht
Im Innenministerium wusste man am Donnerstag nichts von falsch übersetzten Formularen für ausländische Inhaftierte. "Offiziell gibt es dieses Schreiben nicht", sagte dazu ein Sprecher von Innenministerin Liese Prokop (ÖVP).