Wien - Für wenig Begeisterung bei der Rathaus-Opposition sorgte am Freitag bei der Konstituierung des Wiener Gemeinderates die Regierungserklärung von Bürgermeister Michael Häupl (S). "Stillstand bedeutet Rückstand", mahnte ÖVP-Landesobmann Johannes Hahn. Die Grüne Klubchefin Maria Vassilakou fühlte sich an die Regierungserklärung der vergangenen Legislaturperiode erinnert und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache beklagte "Selbstverliebtheit" der SPÖ.

Hahn artikulierte seine Bedenken, dass angesichts der Nationalratswahl Ende 2006 nun ein Jahr lang Stillstand in der Stadtpolitik herrschen werde. Die Volkspartei werde aber mit Sicherheit eine konstruktive Opposition sein, "die nicht gegen alles und jeden ist, nur weil es von der Regierung kommt". Dennoch zeige sich auch in Häupls Rede, dass in den Augen der SPÖ für alles Schwierige der Bund zuständig sei. In Rückschau auf Kritik im Wahlkampf an einer Anti-Abtreibungsgegnerin auf der Landesliste der ÖVP rief Hahn mit einem Voltaire-Zitat zu Toleranz auf: "Ich bin zwar nicht ihrer Meinung, aber ich würde bis zum Tode kämpfen, dass sie das Recht haben, diese Meinung zu sagen."

Sie fühle sich wie in einer Zeitmaschine, beschrieb Vassilakou ihren Zustand. "Ich höre ziemlich genau dasselbe noch einmal, wie vor viereinhalb Jahren", so die Grüne Klubchefin über Häupls Rede. Dabei sei "Armutsbekämpfung die größte Herausforderung, mit der wir zu kämpfen haben". Es gebe viel zu tun auf Landesebene und die SPÖ solle "nicht warten, bis es eine bessere Bundesregierung gibt", stellte sie klar. Deshalb solle die Grüne Idee einer Grundsicherung umgesetzt werden.

FP-Chef Strache beklagte sich über die Gespräche zwischen SPÖ und FPÖ vor der Gemeinderatssitzung, die "nicht ernst gemeint waren". Die SPÖ habe ihre Entscheidungen lange vor den Beratungen getroffen. Trotz der "Selbstverliebtheit" der SPÖ wolle er aber "das Trennende nicht in den Vordergrund stellen". Die FPÖ werde "nicht überall dagegen stimmen", sondern konstruktive Oppositionspartei sein. Allerdings mahnte Strache: "Wir lassen uns von Ihrer Sündenbockstrategie sicher nicht bremsen." Wie Hahn griff Strache zum klassischen Zitatenschatz, hier Pericles, um die SPÖ zu warnen: "Überheblichkeit ist die erste Leitersprosse auf dem Weg nach unten."

Für die SPÖ betonte Klubchef Christian Oxonitsch, dass derjenige, dem die jetzige Regierungserklärung bekannt vorkomme, scheinbar beim letzten Mal nicht zugehört habe. Und in Richtung FPÖ ein klassisches Wort: "Politik wird mit dem Kopf gemacht, nicht mit anderen Körperteilen", zitierte Oxonitsch Max Weber. (APA)