Washington/London - Mit neuen Enthüllungen über brutale Verhörmethoden haben ehemalige und noch aktive Agenten des US-Geheimdienstes CIA der scharfen Kritik am Umgang der USA mit Gefangenen weiter Nahrung gegeben. In mindestens einem Fall sei ein Verdächtiger nach seinem Verhör gestorben, berichtete der US-Fernsehsender ABC am Freitag (Ortszeit). Die Verhörmethoden führten zu äußerst fragwürdigen Geständnissen: "Die Folter muss nur schwer genug sein, dann bekommt man von jedem jedes Geständnis", sagte der ehemalige CIA-Vertreter Bob Bear dem Sender. Die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) forderte eine Untersuchung zu angeblichen CIA-Geheimgefängnissen in der EU.

Die Verhörmethoden könnten nur als schlecht bezeichnet werden, sagte Bear dem Sender. ABC beschrieb unter Berufung auf mehrere CIA-Vertreter sechs fragwürdige Techniken: Sie reichen von Schlägen mit der flachen Hand in die Magengrube über Stehfolter bis zur Scheinhinrichtung. Bei der Stehfolter müssten Häftlinge mit gefesselten Händen und Füßen mehr als vierzig Stunden lang aufrecht stehen. Eine Variante ist die "Kalte Zelle": Der Häftling wird gezwungen, nackt in einer zehn Grad Celsius kalten Zelle zu stehen und wird regelmäßig mit kaltem Wasser übergossen. Besonders brutal sei das "Water Boarding": Der Gefangene wird kopfüber auf ein Brett gefesselt und sein Kopf in Zellophan gewickelt. Sobald er dann mit Wasser übergossen wird, glaube er, ertränkt zu werden, und gestehe.

Rund ein Dutzend Häftlinge gefoltert

Laut ABC wurden die Verhörmethoden bei rund einem Dutzend Häftlingen angewendet, die nach Auffassung des CIA hochrangige Vertreter des Al-Kaida-Terrornetzes sind. Die von einem CIA-Agenten als "erweiterte Verhörtechniken" bezeichneten Methoden kamen demnach in geheimen Gefängnissen in Asien und Osteuropa zum Einsatz. Die CIA verweigerte der ABC jeden Kommentar zu den Informationen.

Amnesty fordert Untersuchung der EU

AI-Generalsekretärin Irene Khan forderte die Europäische Union auf, Berichten über geheime CIA-Gefängnisse in Osteuropa nachzugehen. "Wir fragen uns weiterhin, ob damit Polen gemeint ist, und ob die polnische Regierung in der Sache etwas unternehmen wird", sagte Khan am Freitagabend. Die "Washington Post" hatte Anfang November berichtet, die CIA unterhalte mindestens acht Geheimgefängnisse, so genannte black sites. Zu den Standorten gehörten neben Thailand und Afghanistan auch "mehrere Demokratien in Osteuropa". Rund dreißig der Häftlinge in den Einrichtungen sollen ranghohe Mitglieder des Al-Kaida-Netzwerks sein. Die US-Menschenrechtsorganistaion Human Rights Watch (HRW) hatte den Verdacht unter anderem auf Polen gelenkt. Warschau widersprach der Darstellung jedoch.

Häftling in Lebensgefahr

Im US-Gefangenenlager Guantánamo befindet sich ein seit Monaten hungerstreikender Häftling nach Angaben seines Anwalts in Lebensgefahr. Der kuwaitische Gefangene Fawzi al-Odah verliere stetig an Gewicht, obwohl er seit Anfang September zwangsernährt werde, sagte sein Anwalt Thomas Wilner am Freitag in Washington. Nach seinen Angaben befindet sich Odah seit dem 8. August aus Protest gegen die Haftbedingungen in dem US-Militärlager auf Kuba im Hungerstreik. Im Oktober habe er nur noch 51 Kilogramm, im November nur noch 44,5 Kilogramm gewogen. Dies zeige, "dass mit der Zwangsernährung etwas nicht stimmt", sagte der Anwalt. Im November befanden sich laut US-Verteidigungsministerium noch etwa 35 Guantánamo-Häftlinge im Hungerstreik; 24 von ihnen wurden zwangsernährt. (APA)