Wien - Der Iran hat auf dem Schwarzmarkt eine Bauanleitung für wesentliche Teile von Atombomben erhalten. Dies geht Diplomatenangaben zufolge aus einem vertraulichen Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) in Wien hervor. Es handle sich um ein "Kochbuch" zur Herstellung des Kerns einer Atomwaffe aus angereichertem Uran. Der frühere IAEO-Waffeninspektor David Albright trat dieser Darstellung jedoch entgegen.

"Beunruhigend"

Die US-Regierung bezeichnete den IAEO-Bericht als "beunruhigend". Der Iran müsse jetzt die Chance ergreifen, und sein Verhältnis zum Rest der Welt in Ordnung bringen, sagte Außenamtssprecher Adam Ereli am Freitag in Washington.

Westliche Diplomaten sehen in dem Dokument einen weiteren Beleg dafür, dass der Iran sein Atomprogramm nicht ausschließlich zur Energiegewinnung betreibt. Teheran selbst beteuert gegenüber der IAEO, das Dokument "ungefragt" von Leuten im Dunstkreis des pakistanischen Atomwissenschaftlers Abdul Qadeer Khan erhalten und niemals verwendet zu haben.

Ein IAEO-naher Diplomat sagte, das Dokument sei "belastend", doch inhaltlich nicht mit der Bauanleitung vergleichbar, die Libyen von der Atommacht China erhalten hatte. Libyen hatte sein Atomprogramm im Jahr 2003 auf Druck der internationalen Gemeinschaft eingestellt. Auch Albright sagte, das Dokument könne nicht als Bauanleitung für den Bombenkern bezeichnet werden. "Die Frage bleibt aber: Hat der Iran mehr getan als sie zugeben?"

EU sagte Gespräche mit Iran ab

Die EU lehnte indes einen russischen Vorschlag für Gespräche mit dem Iran in Moskau über das Atomprogramm ab, weil das Land entgegen internationalen Forderungen seine Aktivitäten zur Urananreicherung fortsetze. Die Regierung in Teheran reagierte auf die Absage der Gespräche durch das "EU-Trio" Deutschland, Frankreich und Großbritannien mit einer Drohung: Die EU sei "für die Konsequenzen verantwortlich", warnte Chefunterhändler Ali Larijani.

IAEO-Chef Mohamed ElBaradei betont in dem Bericht, dass die "volle Transparenz" des Iran hinsichtlich seines Atomprogramms "unabdingbar und überfällig" sei. Er bestätigte auch, dass Teheran am Mittwoch mit der Anreicherung einer weiteren Charge (150 Trommeln) Uran begonnen habe, obwohl die internationale Gemeinschaft den Stopp jeglicher Urananreicherung von dem Land fordern.

UN-Inspektoren Zugang verwehrt

In dem Bericht wird auch beklagt, dass der Iran UNO-Inspektoren den Zugang zu einer verdächtigen Atomanlage verwehre. Larijani, sagte dazu, bei der Anlage Lavizan Shian nahe Teheran handle es sich um ein Militärgelände, zu dem der Zugang aus verständlichen Gründen eingeschränkt sei.

Der Iran verteidigte seine Atompolitik auch in einer Zeitungsanzeige. Die USA und ihre europäischen Verbündeten - darunter auch Deutschland - schufen eine "unnötige Krise", hieß es am Freitag in der ganzseitigen Anzeige in der "New York Times". Darin betont die islamische Theokratie, sein Atomprogramm diene nur friedlichen Zwecken. Der Iran habe die Umwandlung von Uran wieder aufgenommen, weil Deutschland, Frankreich und Großbritannien unter dem Druck der USA Vereinbarungen gebrochen hätten.

Der IAEO-Gouverneursrat wird am Donnerstag erneut über das iranische Atomprogramm beraten und möglicherweise den UNO-Sicherheitsrat in der Frage anrufen, der dann Sanktionen gegen das Land verhängen kann. Vor allem die USA werfen dem Land vor, in Wirklichkeit nach Atomwaffen zu streben. (APA)