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Noch-Unido-Chef Carlos Magarinos war für keine Stellungnahme erreichbar.

Foto: Reuters
Wien - Anfang Dezember scheidet Carlos Magarinos als Generaldirektor der Unido in Wien aus. Und das geht nicht ohne jene Begleitumstände ab, die die gesamte achtjährige Amtszeit des Argentiniers bei der UN-Organisation für industrielle Entwicklung geprägt haben: nämlich Verdächtigungen, Affären und handfeste Skandale.

Der aktuelle Fall betrifft das "International Center for Science" (ICS) in Triest, das für den Hochtechnologietransfer in Entwicklungsländer eingerichtet worden ist. Dazu werden auch Forscher aus der Dritten Welt zu Studienaufenthalten in Italien eingeladen. Für deren Unterbringung kommt das ICS auf. Diesen Auftrag schanzte ICS-Vizedirektor Graziano Bertogli im Vorjahr Forgea International zu, dem Privatunternehmen eines Ex-ICS-Direktors.

110.000 Euro versickert

245.000 Euro wurden 2004 dafür überwiesen, für 110.000 Euro davon gab es keinerlei erkennbare Gegenleistung. Das fand die Wiener Auditing-Abteilung der Unido heraus, die vor einem Jahr auf die Missstände aufmerksam wurde und zu prüfen begann. Ein Auftrag im Volumen von knapp einer Million Euro für die Forgea in 2005 konnte gerade noch storniert werden. Zudem empfahlen die Kontrollore, den italienischen Rechnungshof einzuschalten. Auch ein Parlamentsausschuss in Rom prüft die Sache inzwischen.

Vergangenen Sommer musste ICS-Direktorin Luisa Mestroni wegen des Skandals und nachgewiesener Unfähigkeit zurücktreten. Ihr Vize Bertogli dagegen blieb, obwohl ihn die Wiener Prüfer als Hauptverantwortlichen für die Malversationen ausmachten. "Magarinos tut hier jemandem einen politischen Gefallen. Das Mindeste wäre es gewesen, Bertogli zu suspendieren. Jetzt bekommt der Monat für Monat seinen Vertrag verlängert und ist weiter für die Auftragsvergabe im ICS zuständig", wundert sich ein Unido-Beamter im Gespräch mit dem STANDARD.

Protektion

War schon die Ex-Direktorin Mestroni durch Protektion eines Forza Italia-Staatssekretärs zu ihrem 13.000 Euro-Job gekommen, reichen die Kontakte ihres Vize Bertogli (9.000 Euro monatlich, diverse Vergünstigungen nicht eingerechnet) offenbar höher: Ihm hält laut dem Wochenmagazin L'Espresso der römische Minister für öffentliche Verwaltung, Mario Baccini, die Stange. Der Christdemokrat verfügt über beste Kontakte zu Noch-Unido-Chef Magarinos, ist "Good will"-Botschafter der UN-Organisation und ihr gewissermaßen auch familiär verbunden: Baccinis Frau Diana Battaggia ist Unido-Büroleiterin in Rom.

Zu all diesen Vorwürfen wollte Carlos Magarinos nach mehrere Anfragen des STANDARD keine Stellungnahme abgeben. Ab Dezember müsse sich, heißt es bei der Unido informell, ohnehin Magarinos' Nachfolger Kandeh Yumkella um die Aufräumarbeiten in Triest kümmern. Eine der ersten Entscheidungen dort dürfte wohl den neuen Direktor des ICS betreffen. Der Italiener Giusto Sciarabba wurde im Sommer von Magarinos zum Chef bestellt, obwohl er erst vor zwei Jahren als ungeeignet für einen Posten bei der Unido eingestuft wurde. (DER STANDARD, Printausgabe 21. 11. 2005)