Finanzen & Börse
EZB-Präsident wirbt für Vertrauen in den Euro - Kurs erholt sich
Zukunft des Euro ist Zukunft einer starken Währung - EZB beobachtet sehr sorgfältig - Für Jospin kein Anlass zur Beunruhigung
Wien/Paris/Frankfurt - Die chronische Euro-Schwäche hat am Freitag auch den Präsidenten der Europäischen
Zentralbank (EZB), Wim Duisenberg, auf den Plan gerufen. In einer Erklärung an die Bürger im Euro-Raum warb Duisenberg für Vertrauen
in den Euro: "Die europäischen Bürger können sicher sein, dass die Zukunft des Euro die Zukunft einer starken Währung ist." Diese Stärke
basiere auf stabilen Preisen und der Kraft der europäischen Wirtschaft.
Duisenberg gestand zu, dass ein dauerhaft niedriger Wechselkurs die Preise hochtreiben und den Ruf des Euro als stabile Währung gefährden
könne. Deshalb beobachte die EZB den Wechselkurs sehr sorgfältig. Die Preise im Euro-Raum seien aber stabil. Um die Inflationsgefahr
abzuwehren, habe die EZB in den vergangenen sechs Monaten vier Mal die Zinsen erhöht. "Sie wird weiterhin alles tun, um die Preisstabilität
in der Euro-Zone aufrecht zu halten", erklärte Duisenberg. Dies werde dauerhaftes Wirtschaftswachstum und abnehmende Arbeitslosigkeit
fördern.
Der französische Premierminister Lionel Jospin ist der Ansicht, dass es "keine wirtschaftlichen Gründe" für den gegenwärtigen Kurssturz des
Euro gebe, sondern dass es sich um "ein Finanz-Phänomen ohne Zusammenhang mit der guten wirtschaftlichen Gesundheit der Europäischen
Union" handle. Dies erklärte Jospin am Donnerstag in Budapest bei einem Treffen mit den Regierungschefs der Visegrad-Länder (Polen,
Ungarn, Tschechei, Slowakei).
Laut französichen Medienberichten hat Jospin seinen Ansprechpartnern zugesichert, dass es "keinerlei Anlass zur Beunruhigung" gebe und
darauf hingewiesen, dass die Fundamente der europäischen Wirtschaft in den Bereichen Wirtschaftswachstum und Inflation "solide" seien.
Der Premier stellte die Frage, ob die "Sensibilität" des Euro nicht etwa damit zusammen hänge, dass diese Währung "noch nicht frei in
Umlauf" ist.
Der Großinvestor George Soros hat Europa aufgefordert, zur Stützung des Euro in den Finanzmarkt einzugreifen. "Ich denke, die
Bevollmächtigten sollten intervenieren, um den Euro zu unterstützen", sagte Soros am Donnerstag am Rande eines Privatbesuchs in London.
Er glaube, dass der Euro inzwischen so deutlich unterbewertet sei, dass eine Intervention in den Markt einen Effekt haben werde. Sollte nicht
in den Markt eingegriffen werden, werde der Euro nach seiner Einschätzung weiter schwach bleiben, fügte Soros hinzu.
Der Euro erreichte am gestrigen Donnerstag mit einem Kurs von 0,8848 US-Dollar sein niedrigstes Niveau seit seiner Einführung Anfang
1999. Der bisher tiefste EZB-Richtkurs lag am Mittwoch bei 0,8913 USD. Am späten Freitag Vormittag zeigte sich die Einheitswährung mit
0,8949 USD wieder gut behauptet. Die Erholung war von Teilnehmern auf Grund der überverkauften Situation bereits erwartet worden.
Weiters unterstützten Gerüchte, dass die Europäische Zentralbank über Interventionen zu Gunsten des Euro nachdenke, den Kurs. Auch
gegenüber dem Pfund und dem Franken konnte der Euro zulegen. Lediglich zum Yen tendierte er schwächer und fiel mit 95,66 auf ein neues
Rekordtief.