Die geplante Übernahme des Fernsehunternehmens ProSiebenSat.1 durch den Springer-Konzern würde nach den Worten des Präsidenten des deutschen Bundeskartellamts, Ulf Böge, zu einer "nach dem Kartellrecht nicht genehmigungsfähigen Marktmacht führen". Böge erläuterte am Montag in Bonn die Gründe für die bereits am Freitag bekannt gewordenen Bedenken der Wettbewerbsbehörde gegen die Fusion. Die Beteiligten haben nun drei Wochen Zeit für Stellungnahmen. Die Entscheidung des Kartellamts werde vor dem Jahresende fallen, erklärte Böge.

Marktbeherrschende Stellung

Nach Einschätzung des Kartellamts würde der Zusammenschluss von Springer und ProSiebenSat.1 eine schon vorhandene marktbeherrschende Stellung sowohl auf dem Fernsehwerbemarkt als auch bei Straßenverkaufszeitungen und im Geschäft mit Zeitungsanzeigen weiter verstärken. Auf dem Fernsehwerbemarkt verfügten ProSiebenSat.1 und die zu Bertelsmann gehörende RTL-Sendergruppe mit einem seit Jahren konstanten Marktanteil von etwa 80 Prozent über eine gemeinsame marktbeherrschende Position, ein so genanntes "wettbewerbsloses Duopol", erläuterte die Wettbewerbsbehörde.

Durch den Zusammenschluss käme es - auch durch eine Reihe von Verflechtungen zwischen Springer/ProSiebenSat.1 und Bertelsmann - zu einer weiteren Absicherung und damit Verstärkung des Duopols. Diese Verflechtungen beträfen gemeinsame Minderheitsbeteiligungen von Springer und Bertelsmann an mehreren privaten Hörfunksendern wie Radio Hamburg und Antenne Bayern und Pressevertriebsunternehmen wie zum Beispiel in Leipzig, Dresden, Pfalz und Berlin sowie die gemeinsame Beherrschung des Tiefdruckunternehmens Prinovis.

Auf dem bundesweiten Markt für Straßenverkaufszeitungen würde der Zusammenschluss zu einer Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung von Springer führen, erklärte das Kartellamt weiter. Der Verlag habe mit der "Bild"Zeitung einen Marktanteil von etwa 80 Prozent. Durch den Zusammenschluss erhielte Springer die Möglichkeit, die Stellung der "Bild"-Zeitung durch medienübergreifende Zusammenarbeit in Werbung und redaktionellen Inhalten weiter abzusichern und damit zu verstärken.

Crossmediale Kampagnen

Schließlich würde der Zusammenschluss nach derzeitiger Erkenntnis auch zu einer Verstärkung der Marktstellung von Springer auf dem bundesweiten Anzeigenmarkt für Zeitungen führen. Dem Springer-Verlag komme hier mit der "Bild"-Zeitung und der "Welt" bereits heute eine überragende Stellung mit rund 40 Prozent Marktanteil zu, erläuterten die Wettbewerbshüter. Springer erhielte durch die Fusion die Möglichkeit, Werbekampagnen für Produkte abgestimmt über mehrere Medien anbieten zu können und so crossmediale Werbekampagnen zu schalten. Dies würde die marktbeherrschende Stellung von Springer auf dem Anzeigenmarkt für Zeitungen weiter absichern. (APA/AP)