Sarajevo - Bosnien-Herzegowina ist der letzte der
aus Jugoslawien hervorgegangenen Staaten, mit dem die Europäische
Union Verhandlungen über eine Annäherung aufnimmt. Der Staat wurde
vor zehn Jahren mit dem Friedensvertrag von Dayton geschaffen, der
den dreijährigen Krieg zwischen den moslemischen, serbischen und
kroatischen Bevölkerungsgruppen im Land beendete. Die Einigung kam am
21. November 1995 auf der US-Luftwaffenbasis in Dayton im
US-Bundesstaat Ohio zu Stande. Unterzeichnet wurde der Vertrag am 14.
Dezember 1995 in Paris. Im Folgenden Informationen zu dem Abkommen
und dem Staat:
Bosnien wurde in zwei weitgehend selbstständige Gebietseinheiten
(Entitäten) aufgeteilt, die gemeinsam die Republik
Bosnien-Herzegowina bilden. Ungeteilte Hauptstadt ist Sarajevo. Der
Gesamtstaat hat ein Parlament aus zwei Kammern, eine Regierung und
eine zwischen den Moslems, Kroaten und Serben rotierende
Präsidentschaft innerhalb des dreiköpfigen Staatspräsidiums. Die
Zentralgewalt wird seither Schritt für Schritt ausgeweitet. So werden
beispielsweise Justiz, Polizei und Geheimdienst langsam vereinigt.
Der Vertrag schuf zudem eine Zentralbank.
Die zwei Gebietseinheiten sind die moslemisch-kroatische
Föderation oder Föderation Bosnien-Herzegowina auf insgesamt 51
Prozent des Staatsgebietes sowie die Serbische Republik auf 49
Prozent. Beide Einheiten haben jeweils Parlament, Regierung und
Präsident.
Zur Überwachung des Friedensprozesses richtete der Vertrag das
Amt des Hohen Beauftragten der internationalen Gemeinschaft ein, der
Gesetze erlassen und Repräsentanten des Staatsdienstes entlassen
kann, die dem Aufbau der multi-ethnischen Demokratie schaden. Seit
2002 hat den Posten der Brite Paddy Ashdown inne. Im Frühjahr 2006
soll ihm der Deutsche Christian Schwarz-Schilling nachfolgen.
Als Teil der Europäischen Streitkräfte (EUFOR) sorgen 6.000
Soldaten für Stabilität und Sicherheit. Sie haben das Mandat im
vergangenen Jahr von den Stabilisierungskräften der NATO, SFOR,
übernommen, die mit dem Friedensschluss 60.000 Soldaten in Bosnien
stationiert hatte.
Der Vertrag von Dayton wurde vom damaligen bosnischen
Präsidenten Alija Izetbegovic für die Moslems, dem kroatischen
Präsidenten Franjo Tudjman für die bosnischen Kroaten und dem
serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic für die bosnischen Serben
unterzeichnet. Milosevic steht inzwischen vor dem
UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag. Tudjman und Izetbegovic
starben bevor klar war, ob auch sie sich wegen Kriegsverbrechen
verantworten müssen, 1999 bzw. 2003.
Die Republik Bosnien-Herzegowina ist eines der ärmsten Länder
Europas. Die Industrieproduktion erreicht derzeit noch nicht einmal
die Hälfte des Vorkriegsstandes. Internationale Hilfen von insgesamt
rund 4,3 Milliarden Euro stärkten zwar das Wirtschaftswachstum in den
ersten Nachkriegsjahren. Es ist inzwischen jedoch auf Raten um fünf
Prozent zurückgefallen. Reformen und Privatisierungen kommen nur
langsam voran, die Direktinvestitionen erreichen magere 1,4
Milliarden Euro. Die bosnische Mark ist fest an den Euro gebunden. (APA/Reuters)