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Der Wiener Telekomausrüster ist in Sachen Maut weit über die Grenzen Österreichs hinaus erfolgreich.

Foto: APA/Kapsch
Wien - Der Wiener Telekomausrüster Kapsch hat den Zuschlag für die Errichtung und den Betrieb eines Lkw-Mautsystems in Tschechien erhalten - Auftragsvolumen 640 Mio. Euro. Das entsprechende Schreiben des Verkehrsministeriums aus Prag sei am Montag zugestellt worden, bestätigte Kapsch-Sprecherin Brigitte Herdlicka auf Anfrage der APA. Kapsch hat bereits das Lkw-Mautsystem in Österreich errichtet, das seit 2004 in Betrieb ist. In Tschechien soll die Maut auf Autobahnen und Schnellstraßen 2007 kommen.

Zuschlag trotz drittbestem Preis

Die Einspruchsfrist gegen die Vergabe des Lkw-Maut-Auftrags ist auf zwei Wochen beschränkt worden. Bei Kapsch zeigte man sich über Begrenzung der Einspruchsfrist erfreut. Damit sei der Vergabeprozess noch vor dem Jahreswechsel endgültig entschieden und die Errichtung bis 1.1.2007 gesichert, so Unternehmenssprecherin Brigitte Herdlicka am Montag weiter.

Zuletzt waren in Prag Spekulationen laut geworden, die Einführung der Lkw-Maut könnte sich verschieben, weil das Auswahlverfahren in Frage gestellt werden könnte. Manche frühere Bewerber behaupten, die Bedingungen seien so festgelegt worden, dass die Bieter des Mikrowellen-Systems wie Kapsch begünstigt worden seien. Das Prager Verkehrsministerium hat die Vorwürfe aber zurückgewiesen und bezeichnete die Ausschreibung zuletzt als "völlig transparent".

Vier verbindliche Angebote

Von ursprünglich 102 Interessenten hatten zuletzt nur vier ein verbindliches Angebot abgegeben. Gemessen am Preis war das Angebot von Kapsch laut einer vom Prager Verkehrsministerium veröffentlichten Liste mit 18,5 Mrd. Kronen (rund 640 Mio. Euro) nur das drittbeste gewesen. Bestbieter war demnach der Schweizer Mautbetreiber Fela, der zunächst 12,6 Mrd. Kronen verlangte, vor der italienischen Autostrade mit 14,7 Mrd. Kronen.

Der Preis hat in der Gesamtbewertung des Offerts durch die tschechische Regierung jedoch nur 60 Prozent ausgemacht. Letztendlich habe Kapsch "mit der Kompaktheit des Angebots, umfassenden Antworten auf die Ausschreibungsbedingungen und mit der Erfahrung gepunktet", meinte die Sprecherin.

Von den 640 Mio. Euro Auftragsvolumen wird allerdings nicht alles nach Österreich fließen. Mit an Board beim Angebot der Kapsch-Gruppe ist auch "eine sehr große Anzahl von tschechischen Unternehmen". Ein "nicht unmaßgeblicher Teil der Wertschöpfung" werde daher in Tschechien bleiben, betonte die Sprecherin.

Für den Betrieb des tschechischen Mautsystems wird Kapsch außerdem auch die portugisische Autobahngesellschaft Prisa und die französische APRR einbinden, mit denen das Unternehmen erst vor Kurzem eine Kooperation geschlossen hat.

Start am 1. Jänner 2007 geplant

Die Einführung der elektronischen Lkw-Maut in Tschechien ist für den 1. Jänner 2007 geplant. Mautpflichtig werden voraussichtlich zunächst nur Lkw über 12 Tonnen sein - wie das auch in Deutschland der Fall ist. Die tschechischen Mautstrecken werden in der ersten Etappe rund 970 km Autobahnen und Schnellstraßen umfassen. Ab 2008 soll die Mautpflicht dann auf insgesamt 2.100 Straßenkilometer ausgedehnt werden.

Die derzeitige Vignettenpflicht in Tschechien gilt nur für 712 km Autobahnen und Schnellstraßen. Welche Fahrzeuge künftig der elektronischen Maut unterliegen werden, steht noch nicht im Detail fest. Klar ist lediglich, dass sie in den nächsten Jahren nur für Lkw über 12 Tonnen gelten wird. Ob und wann auch für Fahrzeuge über 7,5 Tonnen oder 3,5 Tonnen Maut bezahlt werden muss, soll erst entschieden werden. Pkw sollen frühestens 2012 in das elektronische Mautsystem einbezogen werden. In Österreich werden bereits Lkw ab 3,5 Tonnen höchst zulässiges Gesamtgewicht zur Kasse gebeten.

Die Mauteinnahmen sollen nach jüngsten Schätzungen im ersten Jahr rund 8 Mrd. Kronen (274 Mio. Euro) betragen und könnten künftig auf 15 Mrd. Kronen steigen.

Die Höhe der Maut steht noch nicht fest, zuletzt war von durchschnittlich 4,05 Kronen (14 Cent) auf Autobahnen und 1,9 Kronen auf anderen Straßen die Rede. Das derzeit geltende Vignetten-System für Lkw bringt rund 1 Mrd. Kronen pro Jahr ein. Zur Diskussion stehen auch unterschiedliche Gebühren für Tag- und Nachtfahrten sowie Mautermäßigungen für umweltfreundliche Lkw, die die Euro-3- bzw. Euro-4-Norm erfüllen. (APA)