Otmar Grober am steirischen Rettenbach. Auch hier sinniert der Techniker bereits über naturnahe Maßnahmen zum Hochwasserschutz.

Foto: DER STANDARD/Hans Peter Roth
Hohe Dämme, zubetonierte Ufer. Trotzdem folgt ein Hochwasser dem anderen. Der steirische Techniker Otmar Grober zeigt Alternativen auf. Er hindert Flüsse und Bäche ohne harten Verbau am Übertreten. Auch da, wo es eng wird.

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Bad Ischl - Die niederösterreichische Gemeinde Neulengbach arbeitet derzeit am hydrologischen Projekt "Schaubergerpark": Die Große Tulln zwischen Unterthurm und der Wehranlage in Neulengbach soll so renaturiert werden, dass die bestehenden Auwaldflächen wieder an das Flussbett angeschlossen werden. Das Projekt soll Hochwasserschutz bieten und zugleich eine Quervernetzung zwischen Fluss und flussnahen Flächen schaffen. Damit sollte sich ein selbsterhaltendes System mit vielfältigen, artenreichen Lebensgemeinschaften (Fischfauna, Vogelfauna, Kleinsäuger, Fledermäuse, Flora) einstellen können.

Wissenschaftlicher Hintergrund des Projekts sind die Erkenntnisse des österreichischen Naturforschers und Wasserbauexperten Viktor Schauberger (1890-1958). Einer, der diese Erkenntnisse bereits in zahlreichen Projekten in Österreich umgesetzt hat, ist der Techniker Otmar Grober von der steirischen Baubezirksleitung Bruck an der Mur.

Einen Fluss reguliert man von innen her

"Einen Fluss reguliert man von innen her, vom fließenden Medium selber, nicht von seinen Ufern aus", zitierte der 59-Jährige bei einem Symposium in Bad Ischl einen Leitsatz Schaubergers. Verkehrt? Genau dazu hatte der Naturforscher angeregt: Dinge um 180 Grad andersherum angehen - und sie funktionierten. Das Wesentliche: "Wasser fließt im natürlichen Lauf nie schnurgerade, sondern in hin-und herschleifenden, mäandrierenden Bewegungen."

Die jedoch seit Jahrzehnten geltende konträre Maxime, Gewässer schnell, gerade und Platz sparend abzuleiten, räche sich heute, ist Grober überzeugt. Dies zeige sich an den vergangenen Flutschäden in Österreich. "Viele Gewässer können nicht mäandrieren. Doch verkürzte, begradigte Wasserstrecken steigern Gefälle, Masse, Wucht und damit das Zerstörungspotenzial." Wo infolge von Bauten und Verkehrsadern kein Platz zum Mäandrieren besteht, schafft Grober also den Raum innerhalb des Flussbetts.

"Pendelrampen" bremsen kinetische Energie des Flusses

Beispiel seiner Bauweise, für die er mit dem steirischen Umweltpreis ausgezeichnet wurde, sind die "Pendelrampen": Gegenseitig verschränkte Natursteinschwellen bremsen die kinetische Energie und verlängern die Wasserstrecke. Das Wasser "pendelt" in naturnahen Mäandern. Verwirbelungen beleben das Wasser mit Sauerstoff und Energie. "Im Gegensatz zu herkömmlichen Rampen erhält man an den Seitenrändern keine Uferangriffe", erklärte er.

Die Spiralform des Wirbels hat sich Otmar Grober auch an der steirischen Salza zunutze gemacht. Eine "Schnecke" leitet die Strömung von einer gefährdeten Uferpartie weg. Dazu musste ein Bagger bis zu acht Tonnen schwere Steine zentimetergenau spiralförmig einsetzen. Flussabwärts der Schnecke zeigt sich gut sichtbar ein harmonischer Wirbelzopf. Andere Verwirbelungen verlaufen unsichtbar unter Wasser und lenken die Energie vom Außenbogen in die Sohle hinein; das Wasser bewegt sich vom Ufer weg.

"Das ist kostengünstiger und effizienter Hochwasserschutz. Mein Baumaterial liegt stets in der Nähe." Das Sichern gefährdeter Uferpartien mit Steinen und Schwemmholz und das anschließende Überwachsenlassen wird "biogene, maschinelle Ufersicherung" genannt. Wissenschaftlich begleitet wird Grobers Arbeit von der TU Braunschweig. (DER STANDARD, Printausgabe, 22.11.2005)