Mit einer wenig erfreulichen Nachricht ist am Dienstag die Österreichische Aids-Gesellschaft an die Öffentlichkeit getreten: Die Zahl der Neuinfektionen steigt nämlich nicht nur in den Problemregionen Afrika und Osteuropa, sondern auch in Österreich. Auffallend dabei ist, dass in mehr als 40 Prozent der Fälle heterosexuelle Kontakte die Ursache für eine Infektion mit dem HI-Virus sind.

Rund 6.000 Menschen leben derzeit in Österreich mit dem Virus. Neuinfektionen betreffen aber längst nicht mehr die "klassischen" Risikogruppen (Drogenabhängige, Homosexuelle). "Vor allem das Risiko, sich bei heterosexuellen Kontakten zu infizieren, hat deutlich zugenommen", berichtete Brigitte Schmied, Präsidentin der Österreichischen Aids-Gesellschaft, im Rahmen einer Pressekonferenz in Wien.

Frauen besonders betroffen

Laut aktuellem Bericht haben sich 41,9 Prozent über heterosexuelle Kontakte infiziert (1998 waren es 27 Prozent), 28,6 Prozent über homosexuelle Kontakte und 20,5 Prozent über intravenösen Drogenkonsum. Weltweit sind bereits 90 Prozent aller Neuinfektionen auf heterosexuelles Risikoverhalten zurückzuführen. Davon besonders betroffen sind Frauen - auch in Österreich.

Sorge bereitet Schmied auch die negative Entwicklung in Osteuropa. Vor allem aus der Ukraine werden alarmierende Zahlen vermeldet: Kamen im Jahr 1995 noch rund 100 HIV-infizierte Kinder auf die Welt, waren es 2004 bereits knapp 2.300. 1,5 Millionen der insgesamt zwei Millionen in Europa infizierten Menschen leben in den ehemaligen Ostblock-Ländern. Schmied: "Vor zehn Jahren war dieses Verhältnis noch umgekehrt."

Erstsymptome oft nicht ernstgenommen

Vor der Gefahr einer zu späten Diagnose warnte Armin Rieger, Leiter der HIV-Ambulanz im AKH Wien. 50 Prozent der der Ansteckungen mit dem Virus finden bereits in der Frühphase der Infektion statt. Dennoch werden Erstsymptome (grippale Infekte, geschwollene Lymphknoten, offene Stellen im Mund) oft übersehen oder nicht ernst genommen.

Nicht ganz zufrieden ist Schmied mit der Versorgungslage in Österreich. "Während Wien mit zwei spezialisierten Anlaufstellen recht gut versorgt ist, haben Patienten in den anderen Bundesländern wenige Wahlmöglichkeiten. Behandelt wird nur an den Medizinischen Universitäten Innsbruck und Graz sowie in den Landeskliniken Salzburg, Klagenfurt und Linz." Eine Verringerung der Anzahl der betreuenden Ärzte hätte laut Schmied jedoch "fatale Folgen". (APA)