Wien – Das selbstverordnete Schweigegelöbnis dürfte bei den Wiener Grünen halten. Über den internen Zwist wollte man jedenfalls am Dienstag nicht reden – weder der bürgerliche noch der linke Flügel.

Bei letzteren musste dann zumindest Gemeinderat Martin Margulies doch kurz aus der Deckung auftauchen. Bürgermeister Michael Häupl hatte am Vormittag das Wien- Budget 2006 präsentiert, was den Budgetsprecher der Grünen nicht unkommentiert lassen wollte. Seine Kritik kam nur via Presseaussendung.

So ärgerte ihn, dass die Abgeordneten der Opposition die Eckdaten des Budgets nicht direkt von der SPÖ vorab erfahren, sondern sich "aus den Medien informieren müssen". Und was er da zu lesen bekam, freute Margulies wenig. So kürze die Stadt etwa, so der Grün-Politiker, die geplanten Ausgaben im Bereich der Sozialhilfe um 14 Millionen Euro (im Vergleich zum Vorjahr). Dies sei angesichts der steigenden Armut ein "fatales Zeichen in die falsche Richtung".

Zeit für Sachpolitik haben die Grünen auch in einem anderen Bereich wieder gefunden: bei der Vorbereitung der rot-grünen Stadtprojekte. Da beginnen zu den Themenblöcken "Integration" und der "Wiener Ehe" für homosexuelle Paare die Detailarbeiten. Wie der Stand der Verhandlungen mit der SPÖ ist, wollte niemand sagen.

Öl ins Feuer wollte bei den Grünen am Dienstag ein Ex- Grüner schütten. Günter Kenesei, jetzt ÖVP-Gemeinderat, will es seit langem gewusst haben: "Ich habe es schon im April deutlich gesagt, doch damals wollte es bei den Grünen niemand hören." Die Grünen würden sich "in Riesenschritten hin zu einer Sekte bewegen, deren einziges Ziel es ist, die reine Lehre und dogmatische Grundsätze zu vertreten", sagte Kenesei. (DER STANDARD, pm, Printausgabe, 23.11.2005)