Wien - Der Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO bzw. IAEA) berät ab Donnerstag in Wien erneut über den Atomstreit mit dem Iran. Medienberichten zufolge wollen die USA und die EU den Fall zunächst nicht an den UNO-Sicherheitsrat überweisen. IAEO-Direktor Mohammed ElBaradei wird einen neuen Bericht zu Teherans Atomprogramm vorlegen. Bei der Sitzung wird der Rat auch über die Verwendung des Preisgelds für den Friedensnobelpreis entscheiden, welcher der Behörde und ihrem Direktor am 7. Oktober zuerkannt worden war.

Initiative Russlands

Mit dem vorläufigen Verzicht auf eine Einschaltung des Sicherheitsrats soll offenbar einer Initiative Russlands mehr Zeit gegeben werden, um Teheran zum Einlenken zu bewegen. Moskau hat vorgeschlagen, dem Iran die Umwandlung von Uranerz in das Gas Uran-Hexafluorid zu gestatten, die Urananreicherung selbst jedoch in Russland vorzunehmen. Vor allem der Westen befürchtet, dass Teheran hoch angereichertes Uran für Atomwaffen herstellen könnte. Teheran beharrt bisher auf der Anreicherung von Uran im eigenen Land.

Der IAEO-Gouverneursrat hatte in einer Resolution Ende September festgestellt, dass der Iran gegen Bestimmungen des Atomwaffensperrvertrags verstoßen habe. Das macht eine Überweisung des Falles an den UNO-Sicherheitsrat, wie vor allem von den USA gewollt, prinzipiell möglich; ein Zeitpunkt wurde aber offen gelassen. In der Resolution wird die iranische Regierung aufgefordert, die Konversion zu stoppen und IAEO-Inspektoren uneingeschränkten Zugang zu seinen Atomanlagen zu ermöglichen.

Im August wurden Uran-Umwandlungen wieder aufgenommen

Die EU könnte Anfang Dezember mit Teheran über die Wiederaufnahme von formellen Verhandlungen sprechen, wurde am Dienstag aus diplomatischen Kreisen bekannt. Eine Entscheidung darüber sei aber noch nicht getroffen worden. Als möglicher Termin für die Gespräche wurde der 6. Dezember genannt. Im August hatte der Iran die Uran-Umwandlung nach neun Monaten Pause wieder aufgenommen, woraufhin die EU-Vertreter Deutschland, Frankreich und Großbritannien (EU-3) die Verhandlungen mit Teheran abgebrochen hatten.

In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass der Iran im Aufbereitungswerk Isfahan mit der Konversion einer weiteren Charge Uran begonnen hat, was westliche Vertreter scharf kritisierten. Weiters verweigert Teheran den IAEO-Inspektoren Zugang zu der Militäranlage Lawissan. Auf dem Schwarzmarkt soll der Iran eine Bauanleitung für wesentliche Teile von Atombomben erhalten haben, wie Diplomatenangaben zufolge aus einem vertraulichen IAEO-Bericht hervorgeht.

Das iranische Parlament hat die Regierung am Dienstag aufgefordert, das Zusatzprotokoll des Atomwaffensperrvertrags zu suspendieren, das unangemeldete Kontrollen von Nuklearanlagen vorsieht. In dem Text heißt es, Teheran solle den Zugang für IAEO-Inspektoren zu den iranischen Atomanlagen begrenzen oder stoppen, sollte der Fall an den UNO-Sicherheitsrat überwiesen werden.

Die USA und die EU verdächtigen den Iran, unter dem Deckmantel der zivilen Nutzung mit angereichertem Uran Atomwaffen entwickeln zu wollen. Teheran weist diese Vorwürfe zurück und betont, sein Atomprogramm diene ausschließlich friedlichen Zwecken. (APA)