Wien - Österreich liegt bei rassistischen Übergriffen im EU-Vergleich nicht im Spitzenfeld. Dies geht aus dem Jahresbericht 2005 der EU-Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC) hervor. Im Jahr 2003 wurden in Österreich 436 Beschwerden wegen fremdenfeindlicher Übergriffe und 299 Verbrechen mit rechtsextremistischem, ausländerfeindlichem oder antisemitischem Hintergrund registriert. In Großbritannien gab es mehr als 50.000 rassistische Vorfälle (2003/2004), in Deutschland 6.474 (in den ersten zehn Monaten des Jahres 2004).

Zahlen nur bedingt vergleichbar

Die Zahlen sind nur bedingt vergleichbar, da sie auf den unterschiedlichen Erhebungsmethoden der nationalen Justiz- und Sicherheitsbehörden beruhen. Aus Griechenland, Italien, Spanien, Italien, Portugal, Luxemburg sowie den meisten neuen EU-Staaten waren zudem keine Daten verfügbar. Weniger rassistische Vorfälle als in Österreich gab es in Dänemark, den Niederlanden und Irland, während aus Schweden und Finnland jeweils mehr als 2.000 fremdenfeindliche Übergriffe gemeldet wurden.

Die in Wien ansässige EU-Behörde hebt in ihrem Bericht hervor, dass die Zahl von Beschwerden wegen rassistischer Gewalt in Österreich von 2001 bis 2003 um 17,4 Prozent zurückgegangen sei. Wiedergegeben werden auch Angaben der Nichtregierungsorganisation ZARA, die für das Jahr 2003 von 679 Fällen rassischer Diskriminierung (an 650 Personen) in Österreich berichtet. Neun Prozent dieser Fälle hätten sich auf Polizeiaktionen bezogen.

Kritik an verzögerter gesetzlicher Umsetzung

Das EUMC kritisiert in dem Bericht, dass Österreich mit Deutschland, Luxemburg und Finnland jene Staatengruppe bildet, gegen die wegen mangelhafter Umsetzung der EU-Antidiskriminierungsrichtlinien Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof anhängig sind. Besorgnis wird auch über das neue Asylgesetz geäußert, das mit seinen weit reichenden Polizeibefugnissen etwa zur Verhaftung von Flüchtlingen "Potenzial für Machtmissbrauch im Zusammenhang mit der Behandlung von ethnischen und rassischen Minderheiten bietet".

Zugang zu Bildung

Wie in vielen anderen EU-Staaten hätten Kinder von Migranten auch in Österreich weniger Zugang zu höherer Bildung als Einheimische. Als "positive Entwicklung" wird das Urteil des Verfassungsgerichtshofs vom Oktober 2003 hervorgestrichen, das die Festsetzung von Quoten für die Familienzusammenführung als verfassungswidrig aufgehoben habe. Lob gibt es auch für das Antidiskriminierungs-Programm der Polizei, um rassistische Übergriffe von Beamten zu verhindern. Seit 2004 zähle das in Kooperation mit der US-Menschenrechtsorganisation "Anti Defamation League" durchgeführte Training zur Polizei-Grundausbildung.

Kritik an Stelleninseraten

Ausführlich setzt sich die Beobachtungsstelle mit der Lage von Angehörigen rassischer und ethnischer Minderheiten im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben auseinander. So wird kritisiert, dass Zeitungen und Arbeitsvermittler Stellenanzeigen mit dem Vermerk "nur für Inländer" veröffentlichen. "In vielen anderen Mitgliedstaaten könnte solch eine 'Offenheit' nicht toleriert werden, diskriminierende Bevorzugungen bei der Anstellung bleiben versteckt oder unausgesprochen." Ähnliches gelte für Wohnungsanzeigen ("Ausländer ausgenommen"), wo ähnliche Fälle auch aus Deutschland, Spanien und Irland gemeldet worden seien.

Zugang zu sozialem Wohnbau

Das EUMC kritisiert auch den beschränkten Zugang von Angehörigen bestimmter Bevölkerungsgruppen zum sozialen Wohnbau. Österreich steht hier gemeinsam mit Tschechien, Dänemark, Litauen und Slowenien am Pranger. Als positiv hervorgehoben werden die Beispiele von Salzburg, Krems und Guntramsdorf, wo ausländische Staatsbürger in Gemeindewohnungen einziehen dürfen. Lob gibt es auch für die Wiener "Wohndrehscheibe", die sich um einen besseren Zugang zum Wohnungsmarkt für Ausländer bemüht. (APA)