Nur Stunden zuvor war Pinochet in einem anderen Fall gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt worden war. Dabei ging es um Steuerhinterziehung und Korruption. Es war die erste Anklage gegen den Exgeneral, die nicht mit Menschenrechtsverletzungen während seiner Herrschaft von 1973 bis 1990 in Zusammenhang steht.
Aktion Colombo
Im neuen Fall wirft Montiglio Pinochet Mitschuld an dem Tod von sechs Menschen im Rahmen der so genannten Aktion Colombo in den Jahren 1974 und 1975 vor. Ein Prozess gegen Pinochet wurde damit noch wahrscheinlicher, nachdem ein ärztliches Gutachten vor kurzem ergeben hatte, dass Pinochet doch noch geistig in der Lage sei, sich vor Gericht angemessen zu verteidigen.
Zwei frühere Anklagen wegen Menschenrechtsverbrechen unter der Militärdiktatur (1973-1990) waren 2001 und 2005 noch wegen Verhandlungsunfähigkeit infolge von Altersdemenz eingestellt worden. Vertreter von Opferverbänden forderten nun jedoch, dass auch diese nur vorläufig eingestellten Verfahren wieder eröffnet werden müssten. Der Verteidiger Pinochets kündigte an, er werde die Aufhebung der Anklagen beantragen.
Bei der Aktion Colombo hatte die damalige Geheimpolizei Dina insgesamt 119 Menschen umgebracht. Die Leichen tauchten später zum Teil in Nachbarländern auf. Die chilenische Propaganda versuchte, den Tod der Menschen als Folge von Kämpfen innerhalb linker Widerstandsgruppen hinzustellen. Insgesamt wurden während Pinochets Diktatur etwa 3000 Menschen umgebracht.
Das in der Steuersache zuständige Gericht halbierte unterdessen die Kaution für Pinochet. Der Ex-Diktator werde die auf 11.500 Dollar (9.760 Euro) reduzierte Kaution vermutlich noch im Tagesverlauf hinterlegen, hieß es in Kreisen des Berufungsgerichts in Santiago. Pinochets Verteidiger hatten Einspruch gegen die Höhe der Kaution angekündigt. Pinochet könne keine 23.000 Dollar hinterlegen, nachdem sein gesamtes Vermögen von den Gerichten gesperrt worden sei, erklärten sie.