Brüssel - Die EU-Kommission und der britische EU-Vorsitz dürfte die geplante Radikalreform der EU-Zuckermarktordnung auch bei den geplanten Preissenkungen noch entschärfen - zumindest ein wenig, um eine Einigung zu erreichen.

Davon geht man in EU-Kreisen nach der Unterbrechung der Sitzung am Mittwochabend aus. Die britische Präsidentschaft will jedenfalls am Donnerstagmorgen ein neues Kompromisspapier vorlegen, mit dem eine Einigung der Agrarminister ermöglicht werden soll.

Für die Entscheidung über eine Umstellung des seit 40 Jahren geltenden Systems aus Garantiepreisen, Quoten und hohen Zöllen ist eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedstaaten notwendig. Am Mittwochabend lagen die Positionen trotz einer gewissen Annäherung noch so weit auseinander, dass der britische EU-Vorsitz noch kein neues Papier vorlegte.

Einzelgespräche

Der Rat wurde stattdessen nach einer kurzen gemeinsamen Sitzung bis Donnerstag früh unterbrochen. Mit neun Ländern, die zwar grundsätzlich für die Reform sind, aber weitere Zugeständnisse verlangen, darunter auch Österreich, wurden weitere Einzelgespräche anberaumt. Ziel sei es, auf diesem Weg weitere Länder für einen Kompromiss an Bord zu holen, hieß es aus Ratskreisen.

Die Verringerung der Preissenkung bzw. eine höhere Entschädigung der Bauern für die Einkommensausfälle ist eine der Hauptforderungen von Landwirtschaftminister Josef Pröll (ÖVP). Auch der neue deutsche Landwirtschaftminister Horst Seehofer verlangte - im Gegensatz zu seiner Amtsvorgängerin Renate Künast - am Mittwoch Nachbesserungen bei den Preissenkungen. Neben Österreich sind auch mit Italien, Spanien, Portugal, Irland, Finnland, Tschechien, Belgien und Dänemark weitere Einzelgespräche geplant.

Die britische EU-Präsidentschaft hatte zu Beginn des ausnahmsweise für drei Tage anberaumten Treffens der Agrarminister am Dienstag ein Kompromisspapier vorgelegt, mit dem die Vorschläge der EU-Kommission für die Zuckermarktreform vom Juni leicht entschärft wurden.

An der geplanten Preissenkung von 39 Prozent bei Weißzucker und 42,6 Prozent bei Zuckerrüben bis 2009/2010 wurde zwar festgehalten, allerdings sollen die Senkungen nun in mehreren Schritten und langsamer erfolgen als ursprünglich vorgesehen. Damit soll es mehr Geld für den geplanten Restrukturierungsfonds geben, mit dem der Ausstieg aus der Produktion finanziert werden soll; zudem soll das Geld nicht nur der Zuckerindustrie zur Verfügung stehen sondern auch den Bauern.

Sondierungen

Seit Mittwoch Nachmittag hatte die britische Präsidentschaft gemeinsam mit der EU-Kommission in trilateralen Gesprächen die Positionen der einzelnen Delegationen sondiert. In den vergangenen Monaten hatten sich elf Länder - Italien, Spanien, Portugal, Griechenland, Finnland, Irland, Lettland, Slowenien, Slowakei, Ungarn und Polen - als besonders vehemente Gegner der Reform herauskristallisiert. Sie hätten die Mehrheitsentscheidung blockieren können.

Die Reform des EU-Zuckermarktregimes wurde notwendig, weil die NMarktordnung einerseits Ende Juni 2006 ausläuft, vor allem aber weil die EU in einem Streit vor der WTO unterlegen ist. Große Zuckerproduzenten wie Brasilien und Australien hatten geklagt, weil die Förderungen eine unzulässige Quersubventionierung darstellten. Sie hatten damit Recht bekommen. Nun muss die EU das System bis spätestens 22. Mai 2006 ändern. (APA)