London - Deutschland und Großbritannien wollen ihre Beziehungen durch regelmäßige Regierungskonsultationen vertiefen. Einen entsprechenden Vorschlag der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel nahm der britische Premierminister Tony Blair am Donnerstag bei einem Gespräch in London an. Regelmäßige Treffen zwischen beiden Regierungen hat es seit Amtsantritt des rot-grünen Kabinetts 1998 nicht mehr gegeben. Mit Ländern wie Frankreich, Italien und Spanien fanden solche Konsultationen dagegen statt.

London war nach Paris und Brüssel die dritte Station Merkels bei ihren Antrittsbesuchen. Zu den Hauptthemen ihres Gesprächs mit Blair zählte der Streit über die EU-Finanzplanung für 2007 bis 2013. Großbritannien, das derzeit den Vorsitz im EU-Rat hat, will dazu Anfang Dezember einen Kompromissvorschlag machen. "Ich habe den festen Willen gespürt, dass die britische Präsidentschaft ihren Beitrag leisten will", sagte Merkel. Auch Deutschland werde konstruktiv an einer Lösung mitarbeiten. Zu möglichen Kompromisslinien oder Einigungschancen wollte sich die Kanzlerin nicht äußern. Sie sei ein erfolgsorientierter Mensch, sagte Merkel. "Und deswegen unterstütze ich jeden möglichen Erfolg."

Am britischen Widerstand, seinen Sonderrabatt bei den EU-Beiträgen ohne eine umfassende Ausgabenreform aufzugeben, war im Sommer ein EU-Haushalt gescheitert. Blair will vor allem die EU-Agrarausgaben kürzen. Dagegen wehrt sich vor allem Frankreich.

Wirtschaftliche Reformen gefordert

Merkel hat wirtschaftliche Reformen in der EU gefordert, um Europas Wettbewerbsfähigkeit und sein Sozialmodell zu sichern. "Ohne wirtschaftliche Stärke wird Europa sein Sozialmodell nicht weiter aufrechterhalten können", sagte Merkel nach dem Treffen mit Blair. Sie schloss sich damit einer von Blair immer wieder vorgetragenen Forderung an und betonte auch in anderen Bereichen die enge deutsch-britische Zusammenarbeit. Merkel betonte, die deutsch-französische Partnerschaft, die sie bei ihrem Antrittsbesuch in Paris am Mittwoch hervorgehoben hatte, richte sich gegen keinen Staat in Europa.

Die neue Bundesregierung werde mit Großbritannien, aber auch mit kleineren Nachbarstaaten daran arbeiten, die gegenwärtig schwierige Lage der Europäischen Union zu verbessern. Merkel lud Blair zu einem Besuch in Berlin ein.

Neuer Außenminister auch auf Tour

Parallel zu Merkel setzte auch der neue deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) die Reihe der Antrittsbesuche mit einer Visite in den Niederlanden fort. Von dort will Steinmeier am Freitag nach Italien und Spanien weiterreisen. Vorgesehen sind jeweils Gespräche mit den Außenministern der besuchten Länder. Am kommenden Montag fliegt er zu seinem ersten Besuch in neuer Funktion in die USA. Stationen sind New York und Washington, wurde am Donnerstag in Berlin angekündigt.

Steinmeier will noch am Montag in New York UN-Generalsekretär Kofi Annan und Vertreter jüdischer Organisationen treffen. Für Dienstag ist das erste Treffen mit seiner amerikanischen Amtskollegin Condoleezza Rice sowie weiteren Mitgliedern der US-Regierung vorgesehen. Eine Begegnung mit Präsident George W. Bush ist nicht geplant. Dieser sei nicht in Washington, hieß es. (APA/dpa/Reuters/AP)