Stuttgart - Wegen möglicher Untreue und Unterschlagung hat ein Anwaltsbüro gegen mehrere Vorstände des größten deutschen Lebensversicherers Allianz Leben Strafanzeige erstattet. Die Tochter der Münchener Finanzkonzerns Allianz wies die Anschuldigungen zurück.

Allianz Leben habe seine Versicherungsnehmer zu Gunsten der Aktionäre benachteiligt, begründete das auf Anleger- und Verbraucherklagen spezialisierte Anwaltsbüro KTAG am Donnerstag die Anzeigen gegen Vorstandschef Gerhard Rupprecht, Finanzchef Maximilian Zimmerer und weitere Verantwortliche. Die Manager hätten die Überschüsse der Versicherungsgesellschaft vorsätzlich so manipuliert, dass die Überschussbeteiligungen für die Kunden geringer ausgefallen seien. Dadurch werde das Vermögensinteresse der Kunden verletzt und der Großaktionär Allianz bevorzugt. Der Münchener Finanzkonzern hält 91 Prozent an Allianz Leben.

Die in Stuttgart ansässige Lebensversicherungs-Tochter wies die Vorwürfe zurück. "Die Vorwürfe sind rechtlich und tatsächlich nicht haltbar", sagte ein Sprecher. Die Aktien von Allianz Leben gaben an der Börse bei überdurchschnittlich hohen Umsätzen fast zwei Prozent auf 552 Euro nach.

Berufung auf Bundesverfassungsgericht

In den Anzeigen beruft sich das Anwaltsbüro auf die jüngsten Urteile des Bundesverfassungsgerichts. Die Allianz Leben habe den Aktionären zu Lasten der Kunden einen größeren Anteil an den Überschüssen eingeräumt als ihnen zustehe, kritisierten die Anwälte. Allianz Leben habe gegen die so genannte "90/10-Regel" verstoßen, wonach den Versicherungskunden mindestens 90 Prozent und den Aktionären maximal zehn Prozent der erwirtschafteten Überschüsse zuständen. Allianz-Leben-Vorstandschef Rupprecht habe öffentlich erklärt, dass an die Aktionäre weit mehr als zehn Prozent der Rohüberschüsse ausgeschüttet werden könnten.

Die Überschussbeteiligung bei Lebensversicherungen ist seit Jahren ein Zankapfel zwischen Versicherten und den Anbietern. Das Bundesverfassungsgerichts entschied in diesem Sommer, dass die Lebensversicherer ihren Kunden von 2008 an tieferen Einblick in ihre Kalkulation gewähren und bei der Verzinsung der Prämien auch stille Reserven berücksichtigen müssen (Az.: 1 BvR 782/94, 1 BvR 957/96, 1 BvR 80/95). Bis Ende 2007 muss dem Grundsatzurteil zufolge die Rechtslage angepasst werden. Rückwirkend müssen die Versicherer keine höheren Überschüsse ausschütten. (APA/Reuters)