Bernd Neumann (CDU) ist in Merkels Regierung für Kultur zuständig.

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Die Stadt Bremen gilt in Deutschland als fortschrittliche Kommune. Rot und Schwarz vertragen sich hier schon lange gut. Geschäfts-und Gemeinsinn schließen einander nicht aus. Der Fußballverein Werder Bremen verblüfft das Land mit seiner funktionierenden Basar-Ökonomie. Nur mit den öffentlichen Finanzen steht es in Bremen nicht gut: Die Haushaltsnotlage gehört in der Stadt zum Alltag.

Ausgerechnet aus Bremen hat Angela Merkel nun den neuen "Staatsminister" (Staatssekretär) für Kultur geholt: Bernd Neumann ist 63 Jahre alt, Vater zweier Kinder, verheiratet, Lehrer von Beruf, konfessionell Protestant, musikalisch Akkordeonist.

Sein Amt als CDU-Vorsitzender von Bremen hat er vor 26 Jahren angenommen. Viermal trat er als Spitzenkandidat für seine Partei in Bremen an, viermal musste er eine Niederlage hinnehmen. Seit achtzehn Jahren sitzt er auch im Deutschen Bundestag - er gehört also der Ära von Helmut Kohl an. Sein Fachgebiet ist die Medienpolitik, zu der er als Vorsitzender des entsprechenden Bundesfachausschusses in der CDU die notwendigen Expertisen erstellen ließ. Als Staatssekretär im Bildungsministerium von 1991 bis 1998 konnte er bereits Gestaltungswillen beweisen.

Nun übernimmt er ein Gebiet, das in Deutschland traditionell als Spielwiese für die große Föderalismusdiskussion betrachtet wird. In kulturellen Fragen hat der Bund häufig nur dann etwas zu sagen, wenn ihm die Hauptstadt eine defizitäre Institution überlassen will. Von Neumann ist bekannt, dass er sich für das Kino interessiert. Für die Kollegen im Parlament organisierte er Vorführungen von Der Untergang oder Die Passion Christi.

Das Etikett als "Filmonkel" lässt er gern auf sich sitzen. Schon seine Vorgängerin Christina Weiss war auf diesem Gebiet besonders umtriebig. Neumann war Juror des Deutschen Filmpreises, kennt also aus eigener Anschauung, was im Land und von den Ländern subventioniert wird. Er kennt auch die Bedeutung der Rundfunkanstalten. Für das ZDF saß er im Fernsehrat.

In einer ersten Stellungnahme als Kulturstaatsminister versprach Neumann, dass die Bundesregierung ein "stabiler und verlässlicher Partner" sein werde. Für die Verteilungskämpfe, die nun auf ihn zukommen, wähnt er sich gerüstet. Im Koalitionsvertrag, an dessen für sein Ressort relevanten Formulierungen er schon mitgearbeitet hat, heißt es: "Kulturförderung ist keine Subvention, sondern eine Investition in die Zukunft."

Bernd Neumann wird diese Phrase noch mit Kultur füllen müssen. Vorerst versprach er einmal "viel Freiraum und Luft zum Atmen". So spricht einer, der seinen Kassenstand schon recht gut kennt. Luft, das weiß auch Bernd Neumann, ist gratis. (DER STANDARD, Printausgabe, 25.11.2005)