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apa/dpa/dpaweb/Karl-Josef Hildenbrand
Ausgangssitutation ist eine mehr oder weniger geräumige, aber mit (Tapezierer)tischen bestückte Halle, die - unabhängig von der Außentemperatur - meistens eher mehr denn weniger geheizt ist. An den Tischen hoffnungsfrohe Winzer, die jedem, der den Weg dorthin findet, eine Auswahl oder auch die gesamte Weinpalette des Betriebes zum Probieren anbieten, um auf diesem Weg neuen Kunden zu gewinnen bzw. sich alteingesessenen wieder einmal ins Gedächtnis zu bringen. Ein zum Behufe des Verkostens geeignetes Glas erhält man gegen Einsatz von X Euro. Die Besucher strömen in Scharen, was für Veranstalter wie Winzer erfreulich ist.

Beim Gerangel um einen Platz an vorderster „Verkostungsfront“ lassen sich vier Grundtypen - und auch „-typinnen“ - ausmachen, die einem eine schöne Publikumsverkostung erst so richtig zur Wonne machen.

1. Der/Die Parfümierte
Kaum zu glauben, aber es hat sich noch immer nicht bis ins hinterste Mauseloch herumgesprochen, dass Guérlain und Grüner Veltliner nur in seltenen, wirklich ganz, ganz seltenen Ausnahmefällen kompatibel sind. Es gibt nichts Unangenehmeres als eine Wein-Parfum-Geruchsmixtur, die sich in einem Glas zu einem Gemisch höchst unangenehmer Intensität verdichten kann. Und dann hilft auch Flucht nicht mehr, die Duftattacke erfüllt den Raum - je kleiner, desto schneller.

Alle p.t. Verkostungsbesucherinnen und –besucher, werden daher dringend gebeten, auf die Verwendung von Prada, Pitralon, Kokosshampoo (misslungener Selbstversuch) oder sonstigen Duftwaren an Verkostungstagen zu verzichten. Und diese Aufforderung ist ganz bewusst geschlechtsneutral formuliert.

2. Der/Die Stärkere
Man arbeitet sich an den Präsentationstisch heran und erobert ein Plätzchen in der Nähe des Spuckkübels. An den Tischen wird Wein ausgeschenkt, der manchmal mehr (Rotwein) manchmal weniger (Weißwein) färbt. Bis einer jener liebreizenden Zeitgenossen daherkommt, der sich die Gefahr des Ausschüttens missachtend unter Ellbogeneinsatz, manchmal sogar mit Hilfe eines gezielten „Nierenstamperls“ noch zwischen Verkostungstisch, Spuckkübel und den weniger ruchlosen Dahinterstehenden aufbaut.

Das Ganze nur, um dann wie eine Wand stehen zu bleiben, kein Gespräch mit dem oder der Präsentierenden über die Rettung der Weinwelt oder das wahre Ich des Glasverschlusses anzufangen und auch den Spuckkübel nicht zu verwenden. Die Alternative wäre, sich mit der Probe wieder in die hinteren Reihen zu verziehen und auch anderen die Chance zu geben, an den Saft zu kommen.

3. Der/Die Tolerante
Spucken bei Weinverkostungen ist kein schöner Anblick, das ist richtig, auch wenn es noch so gekonnt und gezielt erfolgt. Aber es soll ja auch Menschen geben, die nach dem dritten Verkostungstisch nicht auf allen Vieren weitermachen wollen, oder sich aus anderen Gründen – z.B. man möchte den Führerschein behalten - dazu entschlossen haben, das, was sie probieren in den dafür bereitgestellten Kübel zu befördern. Glauben sie mir, man übt lange bis das einigermaßen ohne „Trenz-Unfälle“ vor sich geht. Kleidung in gedeckten Farben hilft. (Was, werte Veranstalter, spricht eigentlich gegen Sägespäne im Spuckkübel, wie es z.B. in anderen Ländern durchaus üblich ist?)

Man tut es nicht immer wirklich gern, hat aber irgendwann die Notwendigkeit einsehen müssen. Aber ein nicht selten zu hörendes „Is de deppat wuarn“ vor allem, wenn man sich um den Zugang zum Spucknapf auch noch balgen muss, ist ein absolut verzichtbarer Kommentar.

4. Der/Die Zielstrebige
„Einen Riesling Kellerberg Smaragd“ .... „und nur den“ darf man sich dann in der Fortsetzung noch dazu denken. (Weinname beliebig austauschbar, sofern er nur aus der Topliga stammt). Der Einwand von Seiten des Winzers „Aber ich hätte hier auch noch ...“ wird standhaft ignoriert, um dann vielleicht auch noch laute - und nicht selten entbehrliche - Kommentare loszuwerden.

Das Gegenstück dazu, sozusagen den „globalen Zugang“ haben dafür manch andere, die angesichts von Tement, Pichler, Heinrich und Co, die gerade mit Kunden, Anhängern etc. ins Gespräch vertieft sind, lauthals und barsch „an Weißn“ respektive „an Rodn“ haben wollen. Eine Forderung, die - nicht oft, aber doch auch - nur durch „an Wei!“ getoppt wird. Ganz genau, deshalb geht man auch zu einer Weinverkostung!