Martin Margulies - kein Fundi, aber ein Linker: "Das war ich schon, wie's noch nicht 'in' war."

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Wien - Nein, einen "Fundi" will er sich nicht nennen lassen. Das sei "mittlerweile ja eher ein politische Kampfbegriff, um Leute zu diskreditieren". Ein Linker? Ja, das schon. "Das war ich schon, wie's noch nicht 'in' war." Martin Margulies, Gemeinderat der Wiener Grünen, ist im Gespräch mit dem STANDARD - nach Tagen des Schweigens - um Klarstellung bemüht.

Einen Kampf zwischen bürgerlichem und linkem Lager, der im Streit um die zwei Stadtratsposten und Ausschussmitgliedschaften entbrannt war, sieht er nicht: "Ich glaube, dass das eine ziemliche Überzeichnung der realen Situation ist." Gott sei Dank gebe es unterschiedliche Positionen: "Wären in allen Fragen alle Grünen einer Meinung, will ich nicht wissen, wie wir dann in den Medien dargestellt würden", sagt Margulies.

Sein grüne Karriere begann der technische Mathematiker 1987 als Bezirksrat der Grünen in der Josefstadt. Zehn Jahre später wurde er Landesgeschäftsführer, seit 2001 sitzt er im Gemeinderat. Politisch engagiert hat er sich immer: in der Hochschülerschaft oder als Gitarrist auf Soli-Festen. Auch eine Single soll es vom Musiker Margulies geben. Sein "Hit": "Palästina, wer zählt deine Tränen." Kurz vor der Wien-Wahl wurde er als Molotowcocktailwerfer bei einer Opernballdemo "geoutet". Eine Klage sei in Arbeit. Wahr sei: Er habe einmal Anfang der Neunzigerjahre eine Opernballdemo angemeldet.

Wenig überraschend lässt Margulies keinen Zweifel aufkommen, wo die Grünen sich in Wien zu positionieren haben: links der SPÖ. Für Margulies ist auch klar, wo die ÖVP hingehört: in die Opposition. Über Schwarz-Grün sollte nicht einmal verhandelt werden - eine Position, die er schon beim letztlich gescheiterten Erstversuch 2003 eingenommen hatte: "Es muss doch erlaubt sein, zu sagen: 'Nein, mit der ÖVP mag ich nicht verhandeln'", sagt Margulies. Es müsse auch überlegt werden, "ob es Sinn macht, sich einen Koalitionspartner zu suchen, bei dem die gesellschaftspolitischen Wertvorstellungen weit auseinander klaffen". Wäre Schwarz-Grün Fakt, würde dies die Grünen spalten, ist Margulies überzeugt.

Dass die Wiener innerhalb der Landesgruppen Solisten seien, glaubt er nicht. "In den inhaltlichen Fragen habe ich nicht das Gefühl, dass es da für uns Wiener ein großes Problem ist, sich einzubringen und durchzusetzen". Margulies: "Man g'winnt net immer. Und nicht jede inhaltliche Positionierung, die Wien haben will, wird eins zu eins übernommen. Na und?" Immerhin: Die wirtschaftspolitische Positionierung der Wiener Grünen würden sich im Leitantrag "Armut halbieren" von Bundessprecher Alexander Van der Bellen widerspiegeln. "Es geht um mehr an Verteilungsgerechtigkeit zwischen Arm und Reich, im Bereich der Arbeitszeit, aber auch bei der unbezahlten Arbeit zwischen Männern und Frauen", erklärt Margulies. Die Forderung einer Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich erhält er aufrecht.

In die zweite Reihe

Da stört auch die Kritik aus den eigenen Reihen nicht. Gemeinderatskollege Christoph Chorherr hat erst vergangene Woche im STANDARD-Interview mit den "Irrealos" abgerechnet, und dabei dies als Forderung aus dem Industriezeitalter bezeichnet. Eine "Einzelmeinung", sagt Margulies. Und über Chorherr: "Man muss nicht jede Entscheidung, die einem nicht passt, kommentieren. Ich glaube auch durchaus, dass man den richtigen Zeitpunkt erkennen sollte, wann man in die zweite Reihe zurücktritt, damit andere etwas machen können. Darum habe ich mich auch zurückgehalten." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25.11.2005)