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Foto: APA/Schlager
Wien - Das Gesamtprogramm des Festivals "New Crowned Hope" (14. November bis 13. Dezember 2006), das von US-Regisseur Peter Sellars im Rahmen des Wiener Mozartjahres 2006 geleitet wird, ist nun bei einer Pressekonferenz vorgestellt worden. Kern ist eine zeitgenössische Auseinandersetzung mit Mozarts Themen, die vor allem seinem Spätwerk entnommen wurden. Das Budget beträgt zehn Mio. Euro. "Jeder Teil des Programms entsteht neu", sagte Sellars und betonte die Internationalität und Interdisziplinarität, "wir blicken nach vorne." Im Sommer 2007 soll es ein "New Crowned Hope"-Festival in London geben, 2009 eines in New York.

"Dieser Blick von außen war mir sehr wichtig", sagte Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny, es gehe in dem Festival um prozesshaftes Arbeiten und um gemeinsames Produzieren, um Neues und Nachhaltiges. Dies sei mit der heutigen Präsentation keineswegs abgeschlossen, sondern werde weitergehen. Das gesamte Mozartjahr-Programm sei "ein Festival gegen den Selbstbezug". Mozartjahr-Intendant Peter Marboe hob das gute Gesprächsklima mit Sellars und seinen Mitarbeitern hervor.

"International citizenship"

"Ich denke, Sie werden so ein Programm nirgendwo anders sehen als in Wien", sagte Peter Sellars. "Wien hat eine reiche Kulturszene. Ich habe die Einladung angenommen, etwas zu machen, was die Leute hier noch nicht gemacht und nicht gesehen haben. Wir wollten neue Gesichter einladen und damit auch die Arbeit, die hier getan wird, unterstützen." Wien sei eine internationale Stadt, und "Afrika existiert natürlich in Wien genauso wie in Afrika." Die Anzahl der beteiligten Künstler und Nationen zu nennen, sah sich Sellars außer Stande: "Ich habe sie nie gezählt, und wir haben uns auch nie von dieser Seite aus angenähert. Wir geben auch keine Flaggen zu den Namen dazu. Wir versuchen in diesem Festival eine neue Art von 'international citizenship' zu kreieren."

Etliche Projekte waren bereits im Vorfeld bekannt: In der Oper "A Flowering Tree" setzt sich der renommierte US-Komponist John Adams mit den interkulturellen Aspekten der "Zauberflöte" auseinander. Diese Uraufführung (14.11.) inszeniert Sellars ebenso wie jene von "La Passion de Simone", einer Auseinandersetzung mit dem Leben von Simone Weill mit Musik von Kaija Saariaho und einem Libretto von Amin Maalouf (26.11.). Weiters finden sich Uraufführungen eines Requiems von Lemi Ponifasio aus Neuseeland (25.11.), einer neuen Arbeit des kongolesischen Tänzers und Choreografen Faustin Linyekula (30.11.) und einer Zauberflöten-Bearbeitung der Choreografin Sophiline Cheam Shapiro aus Kambodscha (8.12.) auf dem Programm. Europa-Premiere feiern die "Mozart Dances" des Choreografen Mark Morris am 7.12. in Wien.

Filme

Das von Simon Field kuratierte Filmprogramm ist ein wesentlicher Bestandteil des Festivals. Sechs Filmregisseure aus Paraguay, Taiwan, Kurdistan, Thailand, Tschad und Indonesien erzählen neue Geschichten zu alten Mozart-Themen. Die Details waren bereits beim Filmfestival in Cannes vorgestellt worden. Zwei der Streifen, "Requiem from Java" von Garin Nugroho und "Hamaca Paraguaya" der Debütantin Paz Encina, befinden sich bereits in der Postproduktion. Von ihnen gibt es erste, farbenprächtige Bilder in der 144-seitigen Festival-Broschüre, die heute druckfrisch präsentiert wurde.

Der iranische Kurde Bahman Ghobadi dreht "The Last Symphony of the Kurds", Mahamat-Saleh Haroun aus dem Tschad orientiert sich für "Darrat" an den Themen von Versöhnung und Vergebung, die Mozart in "La clemenza di Tito" behandelt hat. Tsai Ming-Liang aus Taiwan schildert in der Tragikomödie "Dark Circle" das Zusammentreffen unterschiedlicher Kulturen, Apichatpong Weerasethakul aus Thailand lässt in "Intimacy" einen Filmemacher die Geschichte seiner eigenen Eltern rekonstruieren. Field hofft, neben diesen sechs großen Spielfilmen noch eine Reihe von Kurzfilmen beauftragen zu können. Die Streifen sollen im Rahmen des Festivals im Gartenbaukino ihre Premiere feiern und danach auch im Filmmuseum laufen.

Konzerte und Bildende Kunst

Im Konzertprogramm finden sich Auftragswerke des argentinischen Komponisten Osvaldo Golijov, der Jazzerin Maria Schneider und des Afro-Popstars Rokia Traore, die alle im Konzerthaus uraufgeführt werden.

Im Bereich der Bildenden Kunst, mit der man einen Austausch zwischen dem Zentrum und der Peripherie der Stadt initiieren möchte, gestaltet die äthiopische Kuratorin Meskerem Assegued das Kunst und Anthropologie verbindende Projekt "Green Flame", bei dem sich Künstler aus verschiedenen Weltgegenden mit ihrer Umwelt auseinander setzen werden. "Ich bin überwältigt, ein Traum wird wahr", sagte Assegued, die vor zwei Tagen zu ihrem zweiten Wien-Besuch eingetroffen war. "Ich lebe in einem der ärmsten Länder der Erde, aber auch mit Menschen, die die größte Hoffnung haben. Wir machen uns das Leben selbst kompliziert", fand sie, "Kunst sollte eine einfache Sprache haben." Auch die australische Medienkünstlerin Lynette Wallworth wird sich mit elementaren Gefühlen auseinander setzen und dabei öffentliche Räume und soziales Engagement ebenso einbeziehen wie MigrantInnen-Gruppen.

Im Architekturzentrum Wien wird eine Ausstellung einen Überblick über jene urbanen Interventionen geben, die Studenten der Universität für Angewandte Kunst gemeinsam mit dem Studio Wolf D. Prix und Peter Sellars erarbeitet haben. Ihre Realisierung - insbesondere die Etablierung eines Festivalzentrums mit Restaurant, Ausstellungs- und Performance-Plattformen und sozialen Einrichtungen auf einem inselartigen, von Verkehr umschlossenen Grundstück am Gaudenzdorfer Gürtel - ist angestrebt.

Mit Änderungen auf Reisen

Das "New Crowned Hope"-Festival wird von Wien aus exportiert: Von Juni bis August 2007 wird es im Londoner Barbican Center ein sechswöchiges Festival geben, in dem die für Wien entstandenen Musik- und Musiktheater-Werke sowie das Filmprogramm das Zentrum bilden werden. Was darüber hinaus an neuen Projekten hinzu kommen wird, könne er noch nicht sagen, meinte Robert van Leer vom Barbican Center: "Ich glaube aber, der Kontext des Festivals wird sich dramatisch wandeln, wenn es nach London kommt. Wir sind sehr dankbar, dass die Dinge in Wien auf den Weg gebracht werden." Ende Februar 2006 will man in London nähere Details bekannt geben. 2009 wird es auch ein ähnliches Festival im (teilweise mit Wien koproduzierenden) Lincoln Center geben, "obwohl Mozart selbst nie in New York war", wie Jane S. Moss bedauernd feststellte. (APA)