Belgrad/Sarajevo - Mit dem Besuch des EU-Erweiterungskommissars Olli Rehn in Sarajevo hat Bosnien-Herzegowina am Freitag Verhandlungen mit der Europäischen Union über ein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) aufgenommen. Die EU-Außenminister haben am Montag Grünes Licht für die SAA-Verhandlungen gegeben, die erwartungsgemäß bis Oktober 2006 abgeschlossen werden sollen.

Dauer liege an Bosnien-Herzegowina

Es sei in den Händen Bosnien-Herzegowinas, wie lange der Prozess der Eingliederung in die EU dauern werde, hob der britische Botschafter in Sarajevo, Matthew Rycroft, hervor. Der internationale Bosnien-Beauftragte Paddy Ashdown bezeichnete den Verhandlungsbeginn zehn Jahre nach dem Kriegsende (1992-1995) als "historischen Augenblick" für Bosnien-Herzegowina.

Zahlreiche Hürden

Der Verhandlungsbeginn fällt mit einem Feiertag, dem Tag der Staatlichkeit, zusammen, der allerdings nur im größeren Landesteil, der bosniakisch-kroatischen Föderation, gefeiert wird. Von den im kleineren Landesteil, der Republika Srpska, lebenden bosnischen Serben wird der Feiertag nicht begangen.

Auf dem Weg in die Europäische Union hat das Land noch viele wichtige Hürden zu bewältigen. Zunächst soll das vor zehn Jahren durch die Friedensverhandlungen in Dayton (US-Bundesstaat Ohio) entstandene Staatsgebilde eine Verfassungsreform vornehmen. Der riesige Verwaltungsapparat kommt dem aus zwei Landesteilen bestehenden Staat teuer. Rund 70 Prozent der öffentlichen Ausgaben fließen in diesen Bereich. Die Verfassungsreform, auf die sich die politische Spitze des Landes Anfang dieser Woche in Washington geeinigt hat, zielt auf die Festigung der gesamtstaatlichen Institutionen ab.

Mutmaßliche Kriegsverbrecher gesucht

Eine weitere Hürde auf dem Weg einer Annäherung an die EU stellen der frühere bosnisch-serbische Präsident Radovan Karadzic und sein ehemaliger Militärkommandant Ratko Mladic dar, die als mutmaßliche Kriegsverbrecher gesucht werden. Ihnen werden Völkermord in der einstigen Bosniaken-Enklave Srebrenica und Kriegsverbrechen an anderen Orten des kleineren Landesteils angelastet. Zehn Jahre nach Kriegsende sind die beiden Gesuchten noch immer auf der Flucht. (APA)