Eva Glawischnig über die Zustimmung der SPÖ zum Ökostrom-Gesetz: "Anders als Anbiedern an die ÖVP kann ich das nicht bezeichnen."

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Die Grünen sind über die SPÖ nachhaltig verärgert. Vize-Parteichefin Eva Glawischnig sieht die Zustimmung der SPÖ zum Ökostromgesetz als Vorleistung für die große Koalition. Mit Glawischnig sprach Samo Kobenter.

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STANDARD: Wenn man sich die wechselseitigen Attacken ansieht, scheint zwischen SPÖ und Grünen eine Eiszeit ausgebrochen zu sein. Was ist der Grund dafür?

Glawischnig: Das hat schon handfeste Gründe: Die SPÖ geht Einigungen mit der Regierung ein, die gar nicht notwendig sind. Heute im Umweltschutz, nachdem sie das bereits beim Menschenrechtspaket, Fremdenrechtsgesetz, Zivildienst und Schulpaket getan hat. Jetzt stimmt die SPÖ überfallartig dem Ökostromgesetz zu - völlig gegen ihre Versprechungen. Parteichef Gusenbauer hat vor einem Jahr der Öffentlichkeit versprochen, keinem Gesetz zuzustimmen, das eine Kürzung für die erneuerbare Energie bedeutet.

STANDARD: Warum tut er es jetzt?

Glawischnig: Mir ist das nicht nachvollziehbar. Das ist ein Signal, dass die SPÖ in die 70er-Jahre zurückgeht, in die Zeit vor Hainburg und wieder auf die alten Kraftwerkrezepte setzt. Besonders bedauerlich ist, dass es in diesem Bereich in den nächsten Jahren mindestens 7000 neue Arbeitsplätze gäbe. Die werden von der SPÖ vernichtet.

STANDARD: Ist das schon eine Vorleistung für eine große Koalition?

Glawischnig: Die Stimmung bei der Verabschiedung dieser Gesetze war absolut großkoalitionär. Das ist ein bitterer Vorgeschmack auf das, was uns in den Bereichen Umweltschutz und Menschenrechte erwartet. Heute wird ein klassisches Umweltzerstörungsgesetz verabschiedet, Strukturen werden zerschlagen, Arbeitsplätze in die Donau geschüttet. Anders als Anbiedern an die ÖVP kann ich das nicht bezeichnen.

STANDARD: Hat es in den letzten Wochen irgendein Signal der SPÖ gegeben, das auf gemeinsame Projekte für eine künftige rot-grüne Regierung abgezielt hätte?

Glawischnig: Gerade im Umweltbereich hat die SPÖ wochenlang geleugnet, dass sie mit der ÖVP gehen wird. Wir haben natürlich gewusst, dass sie es tun werden, aber das ist keine Art, wie man mit einem Oppositionspartner umgeht und ganz sicher nicht der Weg, die Basis für eine inhaltliche Erneuerung des Landes aufzubauen.

STANDARD: Umgekehrt wirft die SPÖ den Grünen vor, sich der ÖVP anzudienen.

Glawischnig: Das ist doch absurd. Wenn man sich das Abstimmungsverhalten und die großen ideologischen Projekte der Regierung anschaut - da haben die Grünen nie mitgestimmt, sondern immer die Sozialdemokraten. Also, bitte auf dem Boden der Realität bleiben.

STANDARD: Was bedeutet das für eine rot-grüne Regierung?

Glawischnig: Ich mache mir da überhaupt keine Illusionen mehr. Die SPÖ geht sogar in Bereichen, wo es uns ans Mark geht, mit der Regierung mit. Das sagt alles über die Wertigkeit, die sie setzt. Aber da spielt ja auch ein Umweltminister mit, der außer grün lackiert gar nichts ist. Da haben sich zwei gefunden mit Gusenbauer und Pröll.

STANDARD: Die SPÖ rät den Grünen süffisant, zunächst ihre Wiener Fraktion in den Griff zu bekommen.

Glawischnig: Wir sind ja keine Maulkorbpartei. Die Personalentscheidungen sind Sache der Wiener Grünen. Ich erwarte mir, dass sie sich so aufstellen, dass wir nächstes Jahr eine Wahl gewinnen. (DER STANDARD, Printausgabe, 26./27.11.2003)