Illustration: STANDARD/Oliver Schopf
Wohin die berufliche Reise nach seinem abgeschlossenen Biologiestudium gehen sollte, war für Stefan Washietl schon relativ früh klar: "Im Vergleich zur Arbeit im Labor schien mir die theoretische Biologie im Sinn von Bioinformatik beträchtlich spannender", erzählt der 27-Jährige. "Da dieses Forschungsfeld noch sehr jung ist, sind die Möglichkeiten, hier etwas zu bewegen, beträchtlich größer." Angetrieben von wissenschaftlicher Abenteuerlust und vielen weißen Flecken auf der genetischen Landkarte des Menschen ist es Washietl gelungen, im boomenden Feld der Bioinformatik und damit in der Genomik einiges in Bewegung zu setzen: Immerhin hat er gemeinsam mit Kollegen im Rahmen seiner Dissertation am Institut für Theoretische Chemie der Wiener Uni eine neue Methode zum Aufspüren so genannter funktioneller RNA entwickelt. Die bahnbrechende neue Software brachte ihm die Aufmerksamkeit der internationalen Scientific Community und Veröffentlichungen in renommierten Forschungsmagazinen wie Nature Biotechnology ein.

Damit ist zwar der Grundstein für eine wissenschaftliche Karriere gelegt, doch wie diese aussehen und vor allem wohin sie den jungen Forscher führen wird, steht zurzeit noch in den Sternen: "Man hört zwar immer, der Bioinformatik gehört die Zukunft, doch einen Arbeitsmarkt für Bioinformatiker gibt es zumindest in Österreich nicht", verweist Washietl auf die begrenzten Möglichkeiten der heimischen Forschungslandschaft. "Abgesehen von kürzeren Auslandsaufenthalten, die gerade am Beginn einer wissenschaftlichen Karriere notwendig und auch sinnvoll sind, würde ich natürlich gerne hier in Österreich bleiben. Doch leider hat man hier kaum Aussicht auf einen längerfristigen Job, nicht einmal auf eine einfache Assistentenstelle. Kurzfristige Arbeitsverträge ohne Möglichkeiten eigenverantwortlich forschen zu können, das ist auf die Dauer wenig attraktiv."

Dass häufig gerade jene jungen Wissenschafter zur Sicherung ihrer Karriere das Land verlassen müssen, die Österreich eine internationale Toppposition in bestimmten Forschungsbereichen bescheren, ist nichts Neues. Angesichts der zahlreichen Ankündigungen, den Nachwuchs mit den nötigen Anreizen an seine Heimat binden zu wollen, aber doch immer wieder bemerkenswert. Für Leute wie Stefan Washietl birgt diese Situation jedoch keine unüberwindlichen Hürden - ist er es doch seit Jahren gewohnt, sich seine Wege jenseits der Hauptrouten selbst zu bahnen: So hat er als Bioinformatiker zwar ein Biologiestudium mit dem Schwerpunkt Genetik absolviert, das nötige Informatik-Know-how dazu musste er sich mangels entsprechender Ausbildungsangebote allerdings selbst aneignen. "Da ich mir das Studium teilweise mit dem Programmieren von Datenbanken finanziert habe, war das für mich aber kein Problem", meint er rückblickend. Dass er seine Ziele auch künftig kaum auf bequem ausgetretenen Pfaden erreichen wird, steht zu erwarten - aber genau das ist es, was diese Ziele so spannend macht. (grido/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26./27. 11. 2005)