Innsbruck – Als touristisches Motiv ist sie schon verschwunden: Auf aktuellen Ansichtskarten sucht man die Standseilbahn auf die Innsbrucker Hungerburg vergebens. Und in wenigen Wochen wird die Bahn, die im nächsten Jahr hundert geworden wäre, ihren Betrieb einstellen.

Viel Emotion

Fix ist das Ende der mit viel Emotionen behafteten Standseilbahn seit Freitag, seit für die neuen Nordketten-Bahnen von Stararchitektin Zaha M. Hadid die Ampeln de facto auf Grün stehen. Der Baubescheid für die beiden Strabag-Projekte – die Grottenbahn auf die Hungerburg und die anschließende Pendelbahn auf Seegrube und Hafelekar – wird zwar erst am Montag ausgestellt. Aber am positiven Ausgang der mehrtägigen Bauverhandlung bestand am Freitag kein Zweifel.

Eine Frage von Tagen

„Der Baubeginn ist dann nur noch eine Frage von Tagen“, sagte bei einer Pressekonferenz der Geschäftsführer der Innsbrucker Nordkettenbahnen (INKB) Martin Baltes. Im Spätherbst 2006 soll die Pendelbahn auf das Hafelekar, im Frühjahr 2007 die Grotten- Standseilbahn auf die Hungerburg in Betrieb gehen. Die zur Hälfte unterirdisch verlaufende Grottenbahn wird nicht wie die alte Standseilbahn vom Rundgemälde, sondern vom Innsbrucker Congress, also nahe dem Stadtzentrum abfahren. 1200 Personen pro Stunde statt derzeit 736 können befördert werden.

Heikelster Punkte der Bauverhandlung, bei der laut Innsbrucks Vizebürgermeister Michael Bielowski mehr als 60 Beteiligte „sehr ausführlich zu Wort kamen“, waren offenbar Fragen des Grundwasserschutzes und der Lärmbelästigung. Weil bei einem „Worstcase- Szenario“ (Baltes) eine Grundwasserabsenkung beim Congress, im Bereich des Hofgartens, nicht ausgeschlossen werden könne, sind hier zusätzliche Sicherungen vorgesehen. Entlang der Strecke, in Häusernähe, wird auch eine 70 Meter lange Lärmschutzwand errichtet.

Mit halber Kraft

Zudem wird der Abendverkehr von 20 bis 23 Uhr zunächst mit halber Geschwindigkeit betrieben. Nach Lärmmessungen soll dann entschieden werden, ob auch am Abend im schnelleren Tagestempo gefahren werden kann. Die jetzt verhandelten Neuerungen seien keine „Auflagen“, sondern fixe Bestandteile des Projektes, sagte Vizebürgermeister Bielowski. Er rechnet damit, dass auf Rechtsmittel verzichtet wird und der Bescheid mit Montag rechtsgültig ist.

An den Gesamtkosten ändere sich durch diese Ergebnisse der Bauverhandlungen „kaum etwas“, sagte Baltes. 50,6 Millionen Euro sind als Kosten für die gesamte „Nordkettenbahn neu“ veranschlagt. 13,5 Millionen zahlt die Strabag, 37,1 Millionen trägt die öffentliche Hand. Die genaue Aufteilung des öffentlichen Anteils steht allerdings erst zum Teil fest: 3,5 Millionen zahlt das Land Tirol, den größten Brocken von mindestens 23, 6 Millionen die Stadt. Der Tourismusverband Innsbruck-Igls hat bisher 7,5 Millionen Euro zugesagt, ob er, wie von der Stadt gewünscht, weitere 2,5 Millionen übernimmt, ist noch Gegenstand von Gesprächen.

Abhängig vom Wasserstand

Der rasche Baubeginn „in wenigen Tagen“ ist laut INKBChef Baltes nötig, um die Niedrigwasserperiode für die Errichtung der Pfeiler am Inn nutzen zu können. Sollte der Wasserstand des Inns vor Ende April 2006 durch Schmelzwasser steigen, müssten die Arbeiten unterbrochen werden und dann könnte sich die Inbetriebnahme um mehre Wochen verzögern, so Baltes.

Das strittige Projekt hatte zuletzt, ausgelöst durch den begonnen Gemeindewahlkampf, für politische Debatten gesorgt. Die SPÖ hatte Bürgermeisterin Hilde Zach („Für Innsbruck“) aufgefordert, die Verträge mit der Strabag zu kündigen. Die Grünen plädierten für eine Volksabstimmung. Für den Erhalt der alten Hungerburgbahn hatte eine Bürgerinitiative 15.000 Unterschriften gesammelt. Die Bürgermeisterin und die Strabag hatten auf bestehende Verträge verwiesen und vor Schadenersatzforderungen an die Stadt gewarnt. (Benedikt Sauer, DER STANDARD Printausgabe, 26./27.11.2005)