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Grünen-Chef van der Bellen warb in der Pressestunde auch für eine Neuordnung des Kindergeldes.

Foto: APA/ORF/MILENKO BADZIC
Wien - Der Grüne Bundessprecher Alexander Van der Bellen kann in seiner Partei keinen Konflikt zwischen "Fundis" und "Realos" erkennen: "Ich leugne das einfach", erklärte er am Sonntag in der ORF-"Pressestunde". In den wesentlichen Sachbereichen seien alle einer Meinung. Was die Streitereien bei den Wiener Grünen angeht, sprach er von "umstrittenen Personalentscheidungen", in die er sich als Bundessprecher einer "stark föderalistischen Partei" aber nicht einmische.

Kleine Kommentare bezüglich der Postenbesetzungen durch den Grünen Rathaus-Klub ließ er dann aber doch nicht ganz aus. Er sei erstaunt und enttäuscht gewesen, dass die - dem pragmatischen Flügel zugezählte - Lainz-Aufdeckerin Sigrid Pilz nicht in den Kontrolausschuss gewählt worden sei, meinte er zur Kür des "Fundis" Martin Margulies. Andererseits attestierte Van der Bellen - bei allem persönlichen Verständnis - auch dem Parade-"Realo" Christoph Chorherr, oft nicht die Geduld zu haben, sich mit anderen in der Partei zusammenzusetzen.

Keine "Van der Bellen-Klons"

Insgesamt ist es für Van der Bellen aber kein Beinbruch, wenn nicht immer alle der gleichen Meinung bei den Grünen seien: "Ich lasse mir meine Grünen nicht zu Van der Bellen-Klons wünschen. Das war nie mein Wunsch."

Bei einem anderen für die Grünen pikanten Thema, der in der Öffentlichkeit inszenierten Schwangerschaft der stellvertretenden Bundessprecherin Eva Glawschnig, gab sich Van der Bellen äußerst zurückhaltend. Das einzige, was von den Grünen inszeniert werde, sei die Rolle von Frauen mit kleinen Kindern - und da müsse sich einiges tun vom Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung bis zur Änderung des Kindergelds. Konkret trat Van der Bellen dafür ein, die Möglichkeit eines kürzeren dafür höheren Bezugs zu schaffen, und auch eine einkommensabhängige Komponente einzuführen.

Grundversorgung

Weiteres Grünes Kernthema bleibt die Grundversorgung, die als ersten Schritt eine Sockelung von Sozial-, Notstands- und Arbeitslosenhilfe bringen sollte. Angesprochen darauf, dass der Mehraufwand bei einer Milliarde Euro liegen könnte, und gefragt, wie er das finanzieren würde, meinte Van der Bellen: "Das weiß ich noch nicht."

Allerdings stellte er an anderer Stelle fest, man solle sich hüten, Vorschläge von Haus aus wegen budgetärer Fragen abzulehnen. Man dürfe nicht alles kaputt sparen.

Reiche sollen ein wenig hergeben

Ein wenig hergeben sollten nach Meinung Van der Bellens die Vermögenden. Er lehnt zwar eine Reichensteuer nach deutschem Vorbild ab, sehr wohl kann er sich aber eine Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage auf 5.000 Euro vorstellen und auch Änderungen bei der Erbschaftssteuer stehen für ihn zur Diskussion: "Die Erbschaftssteuer ist ein naheliegender Kandidat." Aufkommensneutral möchte der Grünen-Chef hingegen eine kilometerabhängige Pkw-Maut gestalten.

Homosexuellen-Ehe

Liberal zeigte sich Van der Bellen in Sachen Homosexuellen-Gleichstellung: "Wenn zwei Männer oder zwei Frauen sich darauf versteifen, den selben Fehler zu machen wie die Heterosexuellen, sollen sie das tun können", meinte der seit vielen Jahren verheiratete Grünen-Chef ironisch zum Thema Homo-Ehe. Auch die Möglichkeit zur Adoption sollen gleichgeschlechtliche Paare erhalten: "Ich persönlich finde ja."

Wie stets keine klare Ansage gab es von Van der Bellen bezüglich der Koalitionspräferenz für ÖVP oder SPÖ: "Einen Teufel werde ich tun." Die Festlegung auf einen potenziellen Partner hieße sich in Geiselhaft zu begeben.

Höhnische Reaktionen

Bei den vier anderen Parlamentsparteien stießen Van der Bellens Worte auf wenig Gegenliebe. VP-Generalsekretär Reinhold Lopatka erkannte "umfassenden Belastungsvorschläge" und sieht Van der Bellen nur mehr als "Chefkommentator" seiner Partei. BZÖ-Sprecher Uwe Scheuch empfand Van der Bellen als "farblos, inhaltsleer und zerrissen zwischen dem Fundi- und Realoflügel". Ähnlich FPÖ-Genersekretär Herbert Kickl, der die Grünen "in diffusen Sphären zwischen Jutesack und Prada-Schuhen" irrlichtern sieht. Von der SPÖ gab es Lob in Sachen Kindergeld und Tadel wegen der Pkw-Maut. (APA)