Umstrittene Gentech-Pflanzen

Grafik: DER STANDARD
Das Moratorium gilt für fünf Jahre. Flughafen- und Bahnhofsläden dürfen am Sonntag aufsperren, meinen die Schweizer.

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In der Schweiz gilt künftig ein Verbot von gentechnisch veränderten Agrarprodukten. Eine entsprechende von Grünen und Sozialdemokraten unterstützte Verfassungsänderung ist am Sonntag bei einer Volksabstimmung mit deutlicher Mehrheit angenommen worden. Nach einem vorläufigen Ergebnis stimmten 56,6 Prozent der Bürger für das Verbot und 43,4 Prozent mit Nein. Die Wahlbeteiligung lag bei 41,7 Prozent.

In keinem der Kantone gab es eine Nein-Mehrheit. Damit fiel das Ergebnis überraschend klar aus. Meinungsforscher hatten vor dem Urnengang bezweifelt, dass die von der Regierungs- und Parlamentsmehrheit bekämpfte Initiative die notwendige Zustimmung der Hälfte der Kantone erhalten würde. Die so genannte "Gentechfrei-Initiative" verlangt, dass fünf Jahre lang keine gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut und gentechnisch veränderte Nutztiere nicht in die Schweiz eingeführt werden dürfen. Das Moratorium tritt sofort in Kraft.

Schon bisher hatte die Schweiz für "Genprodukte" eines der restriktivsten Bewilligungssysteme der Welt. 1998 hatten die Schweizer allerdings gegen eine Vorlage gestimmt, die vorsah, gentechnisch veränderte Organismen komplett zu verbieten.

Die Initiatoren forderten nach Bekanntwerden des Ergebnisses die Regierung auf, die Agrar- und Handelspolitik des Landes auf Gentechnikfreiheit auszurichten. Das Ja sei Beweis für die politische Kraft der Allianz zwischen Bauern-, Konsumenten- und Umweltorganisationen. Die Geschäftsführerin der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS), Jacqueline Bachmann, sagte, die Skepsis der Schweizer gegenüber der Gentechnik sei offenbar groß. Der Präsident des Schweizer Bauernverbandes, Hansjörg Walter, sieht im Entscheid einen Vertrauensbeweis für die eidgenössische Landwirtschaft. Diese könne nun ihre Marktposition in der ökologischen Produktion ausbauen.

Nobelpreisträger Werner Arber sagte dagegen, nun würden die Forscher aus der Schweiz abwandern. Er hoffe, dass die Bevölkerung in den kommenden fünf Jahren einsichtig werde.

Pröll "bestätigt"

Österreichs Landwirtschafts- und Umweltminister Josef Pröll sieht im Ergebnis des Schweizer Antigentechnikreferendums seine kritische Haltung gegenüber der Anwendung dieser Technologie in der österreichischen Landwirtschaft "vollauf bestätigt". Genauso wie Österreich habe die Schweiz klargemacht: wir wollen uns nicht überfahren lassen. Es ist uns bisher gelungen, den Anbau in Österreich zu verhindern und wir werden weiter kämpfen, dass es so bleibt," so Pröll am Sonntag.

In der Schweiz dürfen die Geschäfte an Bahnhöfen und Flughäfen nun doch auch sonntags offen halten. Mit 50,6 Prozent stimmten die Bürger am Sonntag knapp für eine entsprechende Revision des Arbeitsgesetzes, nachdem es bis zur Auszählung des letzten Kantons nach einem deutlichen Nein ausgesehen hatte.

Den Ausschlag gab ein klares Ja (62,8 Prozent) im bevölkerungsreichen Kanton Zürich. Vor allem die katholisch geprägten ländlichen Kantone hatten gegen die Sonntagsöffnung gestimmt, die es auf provisorischer Basis schon bisher gab. Von den 26 Kantonen stimmten nur sieben für die Sonntagsöffnung. Es geht um 120 Geschäfte an Bahnhöfen und 30 Geschäfte an Flughäfen, die nun auch weiter nicht nur Reiseproviant verkaufen dürfen. Das Referendum war von Gewerkschaften und Kirchen unterstützt worden. (sda, dpa, Reuters, red/DER STANDARD; Printausgabe, 28.11.2005)