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Wien - Musik kann manchmal auch bloß eines bewirken: Sie kann Trost in harten Zeiten geben. Sie vermag trotz aller Sentimentalität und damit in der Nähe zum Kitsch angesiedelt davon zu berichten, dass es in diesem Leben etwas Besseres als die bloße Faktenlage geben könnte.

Dieser wie in keiner anderen Kunstform auf keinerlei Faktenlage beruhende, also nur über die Ahnung und nicht über die Gewissheit erfahrbare Trost, den Pop ja nun auch einmal geben kann oder zumindest früher konnte, wird derzeit von keiner anderen Band im Geschäft so bezaubernd verabreicht wie von den fünf Musikern der britischen Formation Flotation Toy Warning.

Bei ihrem Österreichdebüt anlässlich des Songwriter-Festivals Blue Bird im Wiener Club Porgy & Bess absolvierten die jungen Menschen um Sänger Paul Carter einen tatsächlich weinseligen wie innigen Auftritt. Der setzte weniger auf das vordergründige Klotzen mit großen Gefühlen. Die episch und melodisch über majestätische Brückenkonstruktionen direkt in unsere Herzen gebauten Songs des im Vorjahr daheim in Großbritannien und heuer im Frühjahr offiziell auch im deutschen Sprachraum veröffentlichten ersten Albums, Bluffer's Guide To The Flight Deck (Vertrieb: Hoanzl) schleichen sich unaufdringlich, aber bestimmt in unser Gemüt.

Neben den ungleich mehr beachteten Arbeiten der kanadischen Melodramatiker The Arcade Fire (Funeral) oder den erschütternden Balladen des New Yorker Poptragöden Antony (I Am A Bird Now) bilden Flotation Toy Warning mit ihrem im angerauten Falsett klagenden Kopf Paul Carter gegenwärtig eine Troika der Herzensbildung, die den Inhalt immer ganz entschieden über die Effekte stellt.

Mit den Mitteln der bei britischen Altvorderen wie Procol Harum erlernten Psychedelik, ein Begriff der ja im ursprünglichen Wortsinn davon handelt, die Seele hervorzulocken, und einem mutigen Bekenntnis dazu, Pop eben auch im Sinne alter Schmerzensmänner wie Roy Orbison Richtung mit heutiger Knusperkeks-Elektronik modernisierter deutscher Bekenntnisschlager zu deuten (Christian Anders, Bernd Clüver) ergeben sich auch live ganz wundervolle Ausleuchtungen des Landes der Sehnsucht.

Man musste bei Stücken wie Happy 13, Popstar Research Oblivion, Donald Pleasance oder How The Plains Left Me Flat tatsächlich vor lauter Rührung schlucken. (Christian Schachinger/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28. 11. 2005)