Wien - Der Chef will sich aus Streitereien heraushalten. Nach diesem Motto verweigerte Grünen-Sprecher Alexander Van der Bellen am Sonntag in der "Pressestunde" Kommentare zu Flügelkämpfen bei den Wiener Grünen: "Das ist eine Verschwendung von Sendezeit, seid's mir nicht böse." Abgesehen davon ist Van der Bellen der Meinung, dass es "keinen Streit, nur verschiedene Meinungen" gebe.
Immerhin, "umstrittene Personalentscheidungen" bei den Wiener Grünen gestand er dann doch ein - um aber gleich hinzuzufügen, dass er sich als Bundessprecher einer "stark föderalistischen Partei" nicht einmische.
Kleine Spitzen
Kleine Spitzen zu den Postenbesetzungen im Wiener Rathaus ließ er sich dann doch entlocken. Er sei enttäuscht, dass Sigrid Pilz, Lainz-Aufdeckerin und dem pragmatischen Flügel zugerechnet, nicht in den Kontrollausschuss gewählt wurde. Die Fundamentalkritik von Christoph Chorherr an der Machtübernahme der Fundis wollte Van der Bellen aber auch nicht teilen: Chorherr sei ein ungeduldiger Mensch, der oft nicht die Geduld aufbringe, sich mit anderen in der Partei zusammenzusetzen. Für ihn jedenfalls sei die Abschaffung der Basisdemokratie kein Thema.
Mindestens ebenso unangenehm waren Van der Bellen Fragen nach der Inszenierung seiner Stellvertreterin Eva Glawischnig: Ob diese mit gestellten Fotos, auf denen sie träumerisch Babykleidung betrachte, ihr privates Glück nicht allzu öffentlich gestalte? Solchen Fragen wich Van der Bellen aus: Er könne nur eine Inszenierung erkennen - nämlich die Situation von Frauen mit kleinen Kindern zu thematisieren. Sonst hatte er nur zu sagen: "Eva Glawischnig erwartet ein Baby. Wir im Grünen Klub freuen uns für sie."
Wichtiger war Van der Bellen, für eine Neuordnung des Kindergeldes zu werben. Wer kürzer zu Hause bleibt, solle mehr Geld bekommen. Außerdem wollen die Grünen das Kindergeld teilweise einkommensabhängig gestalten. Details konnte Van der Bellen keine nennen, eine grüne Kollegin arbeite gerade daran, in zwei Monaten soll ein konkretes Modell vorliegen.
Vermögen besteuern
Auf jeden Fall werde das Modell teurer - wie auch die grüne Grundsicherung, mit der Sozial-, Notstands- und Arbeitslosenhilfe zusammengelegt werden sollen. Angesprochen darauf, wie er den geschätzten Mehraufwand von einer Milliarde Euro finanzieren wolle, meinte Van der Bellen: "Das weiß ich noch nicht." In Steuerfragen hält der grüne Bundessprecher nichts von einer Reichensteuer, Vermögensbesteuerung kann er sich aber auf einem anderen Gebiet vorstellen: "Die Erbschaftssteuer ist ein nahe liegender Kandidat."
Fragen, ob er sich eher eine Koalition mit der ÖVP oder mit der SPÖ vorstellen könne, wich Van der Bellen aus: "Einen Teufel werd ich tun." Die Festlegung auf einen potenziellen Partner bedeute nur, sich in Geiselhaft zu begeben.