Könnten die neuen EU-Mitgliedsstaaten ihre eigenen Prioritäten setzen, dann würde die Verteilung der Mittel jedenfalls ganz anders als der gegenwärtige Vorschlag der EU-Kommission aussehen, so die Studie: Statt sich auf große Infrastruktur- und Umweltprojekte zu konzentrieren, stünden die Entwicklung von Humanressourcen und institutionelle Reformen an erster Stelle. Auch Investitionen in Forschung und Entwicklung, grenzüberschreitende Kooperation und regionale Konvergenzprojekte würden stärker gefördert. Diese Ziele hätten sowohl kurz- als auch langfristige Auswirkungen auf Wachstum und Produktivität und wären auch in Einklang mit der Lissabon-Strategie, hieß es bei der Präsentation. Als Mängel der derzeitigen Kohäsionspolitik wurden von den Forschern in den neuen EU-Staaten selbst zu schwache institutionelle Kapazitäten, zu wenig Geld für Ko-Finanzierungen und kaum Strategien für die Fördermittel geortet. Im Kontakt mit Brüssel werden den EU-Behörden zu komplizierte und strenge Verfahrensregelungen sowie zu wenig Flexibilität bei der Verwendung der Fonds vorgeworfen. Manchmal stehe mehr das Ziel, vorhandene Förderungen unbedingt auszuschöpfen, als die Sinnhaftigkeit der Förderung im Vordergrund. Der Bericht wurde von Wirtschaftsforschern aus Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Lettland, Schweden und Österreich (WIIW) erstellt. Eklatante Einkommensunterschiede
Wirtschaft
Studie: EU-Kohäsionspolitik soll auf Effizienz geprüft werden
Im Kampf gegen das Einkommensgefälle innerhalb der Europäischen Union sollten die dafür eingesetzten Fördermittel überprüft werden
Wien - Im Kampf gegen das Einkommensgefälle innerhalb der
Europäischen Union, dem die EU-Kohäsionspolitik gewidmet ist, sollte
zur Erhöhung der Effizienz der eingesetzten Mittel eine Überprüfung
der Förderpolitik stattfinden. Die derzeitige Kohäsionspolitik weise
aus Sicht der neuen EU-Länder nämlich einige Mängel auf, wurde bei
einer Präsentation der Studie "From Policy Takers to Policy Makers"
über die Adaption der EU-Kohäsionspolitik an die Bedürfnisse der
neuen EU-Mitgliedsstaaten am Montag in Wien betont.
Auf die bevorstehende österreichische EU-Präsidentschaft könne
hier eine große Aufgabe zukommen, wenn der Finanzrahmen für die Jahre
2007 bis 2013 nicht mehr unter britischem Vorsitz verabschiedet
werde, erläuterte der Leiter des Wiener Instituts für Internationale
Wirtschaftsvergleiche (WIIW), Michael Landesmann.
Nach der Agrarpolitik nimmt die Kohäsionspolitik mit
Strukturmaßnahmen und Regionalförderungen bereits den zweitgrößten
Anteil des EU-Budgets ein. Der Zusammenbruch der Verhandlungen über
den mehrjährigen Finanzplan könne eine Gelegenheit für eine
grundsätzliche Diskussion auch über die Kohäsionspolitik bieten, in
der auch die Stimmen der neuen Mitgliedstaaten gehört werden müssten.
Verteilung der Mittel
Die Einkommensunterschiede sind nicht nur zwischen dem "reichen
Westen" und dem "armen Osten", sondern auch innerhalb der neuen
EU-Mitglieder eklatant. Neben einem starken West-Ost-Gefälle, wobei
die im Osten liegenden Regionen generell wirtschaftlich schwächer
sind, konzentriert sich der Wohlstand auf die Hauptstädte, während
die von Landwirtschaft und alter Schwerindustrie geprägten Regionen
wirtschaftlich zurückbleiben.
"Die guten Wachstumsdaten der neuen EU-Mitglieder sind stark
getragen durch die Hauptstädte, wo Dienstleistungen und
Finanzdienstleistungen konzentriert sind", erläuterte Roman Römisch
vom WIIW. In den übrigen Regionen, insbesondere in
Landwirtschaftsgebieten, seien hingegen stark unterdurchschnittliche
Wachstumsraten vorhanden. Dabei betrage das BIP pro Kopf in den
Hauptstadtregionen um bis zu 200 Prozent des Landesdurchschnitts, in
der Peripherie und in östlicheren Regionen liege es unter 75 Prozent. (APA)