Wien - Im Kampf gegen das Einkommensgefälle innerhalb der Europäischen Union, dem die EU-Kohäsionspolitik gewidmet ist, sollte zur Erhöhung der Effizienz der eingesetzten Mittel eine Überprüfung der Förderpolitik stattfinden. Die derzeitige Kohäsionspolitik weise aus Sicht der neuen EU-Länder nämlich einige Mängel auf, wurde bei einer Präsentation der Studie "From Policy Takers to Policy Makers" über die Adaption der EU-Kohäsionspolitik an die Bedürfnisse der neuen EU-Mitgliedsstaaten am Montag in Wien betont. Auf die bevorstehende österreichische EU-Präsidentschaft könne hier eine große Aufgabe zukommen, wenn der Finanzrahmen für die Jahre 2007 bis 2013 nicht mehr unter britischem Vorsitz verabschiedet werde, erläuterte der Leiter des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW), Michael Landesmann. Nach der Agrarpolitik nimmt die Kohäsionspolitik mit Strukturmaßnahmen und Regionalförderungen bereits den zweitgrößten Anteil des EU-Budgets ein. Der Zusammenbruch der Verhandlungen über den mehrjährigen Finanzplan könne eine Gelegenheit für eine grundsätzliche Diskussion auch über die Kohäsionspolitik bieten, in der auch die Stimmen der neuen Mitgliedstaaten gehört werden müssten. Verteilung der Mittel

Könnten die neuen EU-Mitgliedsstaaten ihre eigenen Prioritäten setzen, dann würde die Verteilung der Mittel jedenfalls ganz anders als der gegenwärtige Vorschlag der EU-Kommission aussehen, so die Studie: Statt sich auf große Infrastruktur- und Umweltprojekte zu konzentrieren, stünden die Entwicklung von Humanressourcen und institutionelle Reformen an erster Stelle. Auch Investitionen in Forschung und Entwicklung, grenzüberschreitende Kooperation und regionale Konvergenzprojekte würden stärker gefördert. Diese Ziele hätten sowohl kurz- als auch langfristige Auswirkungen auf Wachstum und Produktivität und wären auch in Einklang mit der Lissabon-Strategie, hieß es bei der Präsentation. Als Mängel der derzeitigen Kohäsionspolitik wurden von den Forschern in den neuen EU-Staaten selbst zu schwache institutionelle Kapazitäten, zu wenig Geld für Ko-Finanzierungen und kaum Strategien für die Fördermittel geortet. Im Kontakt mit Brüssel werden den EU-Behörden zu komplizierte und strenge Verfahrensregelungen sowie zu wenig Flexibilität bei der Verwendung der Fonds vorgeworfen. Manchmal stehe mehr das Ziel, vorhandene Förderungen unbedingt auszuschöpfen, als die Sinnhaftigkeit der Förderung im Vordergrund. Der Bericht wurde von Wirtschaftsforschern aus Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Lettland, Schweden und Österreich (WIIW) erstellt. Eklatante Einkommensunterschiede

Die Einkommensunterschiede sind nicht nur zwischen dem "reichen Westen" und dem "armen Osten", sondern auch innerhalb der neuen EU-Mitglieder eklatant. Neben einem starken West-Ost-Gefälle, wobei die im Osten liegenden Regionen generell wirtschaftlich schwächer sind, konzentriert sich der Wohlstand auf die Hauptstädte, während die von Landwirtschaft und alter Schwerindustrie geprägten Regionen wirtschaftlich zurückbleiben. "Die guten Wachstumsdaten der neuen EU-Mitglieder sind stark getragen durch die Hauptstädte, wo Dienstleistungen und Finanzdienstleistungen konzentriert sind", erläuterte Roman Römisch vom WIIW. In den übrigen Regionen, insbesondere in Landwirtschaftsgebieten, seien hingegen stark unterdurchschnittliche Wachstumsraten vorhanden. Dabei betrage das BIP pro Kopf in den Hauptstadtregionen um bis zu 200 Prozent des Landesdurchschnitts, in der Peripherie und in östlicheren Regionen liege es unter 75 Prozent. (APA)