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Foto: AP/JAN BAUER
Nach dem deutschen Kartellamt haben auch Medienwächter Bedenken gegen die Übernahme des Fernsehkonzerns ProSiebenSat.1 durch den Springer-Verlag angemeldet. Die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) wies am Dienstag in Potsdam vor allem auf die starke Marktstellung des Verlagshauses bei Tageszeitungen, Programmzeitschriften, Hörfunk und Online-Medien hin. Europas größter Zeitungsverlag (unter anderem "Bild") will die TV-Kette mit den Sendern Sat.1, ProSieben, Kabel Eins und N24 übernehmen.

"Die KEK prüft, ob die Unternehmen der Axel Springer AG und der ProSiebenSat.1 Media AG dadurch vorherrschende Meinungsmacht erlangen, dass sich Meinungsmacht im bundesweiten Fernsehen mit dem potenziellen Meinungseinfluss verbindet, der sich aus den weiteren Aktivitäten in medienrelevanten verwandten Märkten ergibt", hießt es in einer Mitteilung der Medienwächter. Dabei sei die Tagespresse besonders bedeutend, weil sie sich wie das Fernsehen täglich an die Nutzer richte, erklärte ein Sprecher. Springer erreicht vor allem mit der "Bild"-Zeitung täglich Millionen Leser.

Einstufung des Einflusses als vorherrchende Meinungsmacht

Normalerweise stuft die KEK den Einfluss eines Unternehmens erst als vorherrschende Meinungsmacht ein, wenn deren Fernsehprogramme gemeinsam einen Zuschaueranteil von mehr als 30 Prozent erreichen. Ist das Unternehmen auch in anderen Medienbereichen aktiv, liegt die Grenze bei 25 Prozent Zuschaueranteil. ProSiebenSat.1 erreichte mit seinen Programmen dem KEK-Jahresbericht 2005 zufolge zuletzt 22,1 Prozent.

Die Kommission kann sich aber auch dann gegen eine Fusion aussprechen, wenn die gesamten Medienaktivitäten eines Konzerns einem Zuschaueranteil von 30 Prozent entsprechen. Dies könnte Springer in Bedrängnis bringen, der auch verschiedene erfolgreiche Publikumszeitschriften herausgibt und an einigen der größten privaten Hörfunksendern beteiligt ist. Unter Experten ist allerdings umstritten, mit welcher Formel dies in die Berechnung eines Zuschaueranteils einfließen soll. Eigens dazu veranstaltete die KEK im Oktober eine Expertenanhörung.

Antragsteller haben versucht Bedenken zu zerstreuen

Am Montag hatten die Medienwächter Vertreter von Springer-Verlag und ProSiebenSat.1 sowie der zuständigen Landesmedienanstalt angehört. Dabei hätten die Antragsteller versucht, Bedenken der KEK zu zerstreuen. Die Kommission teilte mit, dies sei "eingehend erörtert worden." Nähere Angaben machte sie zunächst nicht.

Mitte November hatte bereits das Kartellamt Einwände gegen die ProSiebenSat.1-Übernahme erkennen lassen. Die Behörde prüft nicht auf Meinungsmacht, sondern auf mögliche wirtschaftliche Vormachtstellungen. Sie erklärte, mit der Fusion würde der Springer-Verlag seine herausgehobene Marktposition im Bereich der Kaufzeitungen ("Bild") und auf dem Anzeigenmarkt bei bundesweiten Tageszeitungen ("Die Welt") stärken.

Gefahren bei crossmedialer Vermarktung

Die Kartellwächter sehen insbesondere Gefahren für eine marktbeherrschende Stellung bei so genannter crossmedialer Vermarktung von Werbung im Print- und TV-Bereich. Außerdem befürchtete das Kartellamt, mit der Übernahme werde sich das bestehende deutsche Privatfernseh-Duopol aus der RTL-Gruppe und ProSiebenSat.1 verstärken. Die beiden Fernsehketten würden sich dann keinen Wettbewerb mehr untereinander liefern, hieß es.

Sollte die Übernahme scheitern, müsste der US-Investor und derzeitige ProSiebenSat.1-Eigentümer Haim Saban einen neuen Käufer suchen. Branchenkenner bezweifeln aber, dass er nochmals einen Preis von 2,5 Milliarden Euro erzielen würde. Saban hatte ProSiebenSat.1 vor zwei Jahren für einen Drittel dieser Summe aus der Insolvenzmasse der Kirch-Gruppe gekauft. (APA)