Bild nicht mehr verfügbar.

Die Aeroflot wird sich als erste russische Airline dem Luftfahrtbündnis Skyteam um Air France/KLM anschließen.

Foto: Reuters/Stringer
Wer zuerst kommt, der mahlt zuerst. So wird das Rennen um einen strategischen Partner in Russland für westliche Luftfahrt-Allianzen entschieden. Und da sich demnächst die mehrheitlich dem Staat gehörende Aeroflot als erste Gesellschaft Russlands der um die Air France/KLM gebildeten Allianz Skyteam anschließt, dürfte ein Wettkampf um die wenigen verbliebenen attraktiven Partner folgen.

Die meisten dafür infrage kommenden Fluglinien Russlands bringen nur beschränkt Voraussetzungen für eine Allianz mit, doch sie offerieren den Zutritt zu einem potenziellen Markt mit 34 Mio. Passagieren und zehnprozentigen Zuwachsraten pro Jahr. Doch es hat fast den Anschein, als ob sich die anderen großen Luftfahrt-Allianzen wie Oneworld (British Airways) oder die von Lufthansa dominierte Star Alliance zu intensiv um Märkte wie China oder Indien gewidmet haben und zu wenig um Russland. Lediglich vier russische Fluglinien erwirtschafteten vergangenes Jahr knapp die Hälfte des gesamten Passagierverkehrs. Aeroflot mit einem Anteil von 19 Prozent, gefolgt von Sibir Airlines (elf Prozent), Pulkovo (acht Prozent) und Kras Air mit sechs Prozent.

Mit dem Zerfall der Sowjetunion löste sich auch die bis dahin größte Fluglinie der Welt, die Aeroflot, in alle Himmelsrichtungen auf. Seit damals wurden rund tausend unterschiedlichste Flugunternehmen zugelassen. Den meisten dieser Airlines mangelt es aber schlicht und einfach am Geld. Viele können sich nicht einmal die Wartung leisten oder Ersatzteile besorgen, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Derzeit sind 235 Gesellschaften in Russland aktiv. Deren Zahl ändert sich beinahe täglich. Die heutige Aeroflot Russian International Airlines ist der eigentliche Flagcarrier Russlands.

Pleiten

Luftfahrtexperten erwarten weitere Pleiten im kommenden Winter – verursacht v.a. durch teuren Treibstoff und veraltete Flugzeuge. Dazu kommt, dass ab 2006 in vielen Ländern Europas ein Landeverbot für alte Tupolews erteilt wird. Neue, moderne Flugzeuge zu beschaffen ist für die meisten dieser Airlines finanziell unmöglich. Denn die Staatsmacht will ein regulierendes Wort mitreden, um die heimische Flugzeugproduktion abzusichern. So fallen für jede neue Maschine aus westlicher Produktion, egal ob gekauft oder geleast, noch einmal 18 Prozent des Kaufpreises an Mehrwertsteuern an, dazu kommen noch 20 Prozent Zoll.

Ein anderes Hindernis ist die limitierte Vergabe der Streckenrechte, bei denen Aeroflot als nationale Fluglinie Priorität hat. "Es ist für uns unmöglich, langfristige Planungen für die Expansion etwa in den Westen zu machen", zeigt sich Ilya Novokhatskiy, Sprecher von Russlands zweitgrößter Fluglinie Sibir Airlines, verärgert. Dadurch werde auch ein Anflug nach Wien verhindert. Sibir gilt als aussichtsreichster Kandidat für westliche Allianzen. Die Flotte soll bis 2008 ausschließlich aus Boeing- und Airbus-Flugzeugen bestehen. Nicht bestätigen wollte Novokhatskiy hingegen Gerüchte, dass sich Lufthansa an Sibir Airlines beteiligen möchte.

Überfluggebühren als Haupteinnahmequelle

Eine der Haupteinnahmequellen der russischen Luftfahrt sind die Überfluggebühren, die westliche Airlines zahlen müssen, um den kürzesten Weg von Europa nach Japan, China und Südkorea nehmen zu können. Nämlich über Sibirien. Es gibt kaum eine westliche Airline, welche diese Zeitersparnis von bis zu sechs Stunden gegenüber der früheren Route über Alaska nicht in Anspruch nimmt. Eine tägliche Rotation etwa nach Tokio über Sibirien kostet der AUA jährlich Überfluggebühren von rund einer Mio. Dollar. Alle EU-Airlines zahlen zusammen rund 300 Mio. Dollar (255 Mio. Euro) jährlich. Das Geld fließt übrigens in die Kassen der Aeroflot.

Die Air Union wird nach der Fusion von Kras Air, Domodedovo Airlines, Omskavia, Smara Airlines und Sibaviatrans 2006 mit 100 Flugzeugen die neue Nummer zwei am russischen Markt. (Kurt Hofmann aus Moskau, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30.11.2005)