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Wien - "Fuck Bush" steht auf dem T-Shirt von Sänger und Gitarrist Matthew Caws. Das schafft natürlich Sympathien in der knallvollen Arena - selbst wenn damit nicht der US-Präsident, sondern die gleichnamige Band gemeint wäre. Doch später, im Song Blankest Year, relativiert sich die Bedeutung des F-Wortes dann doch ein wenig: "Oh fuck it, I'm going to have a party", flötet der Nada-Surf-Sänger darin, und es klingt eher wie eine Kaffeekränzcheneinladung unter höheren Töchtern als die Prophezeiung einer ärgeren Ausgelassenheit.

Immerhin wird die nette Harmlosigkeit live mit ungleich mehr Druck präsentiert als auf der aktuellen CD des US-amerikanischen Trios, The Weight Is A Gift.

Harmlos und nett sind Nada Surf. Das zeigt nicht nur der Umstand, dass im Konzert in der ersten Reihe jede Menge Brillenträger hopsen können, ohne um ihren Sehbehelf fürchten zu müssen. Seit vier Alben spielen Nada Surf einen leicht melancholisch gefärbten Geradeaus-Rock, der seine Wurzeln im US-College-Rock und bei Bands wie den Lemonheads hat.

FM4-tauglich

Das bedeutet, dass Nada Surf zumindest historisch betrachtet in der Nähe von Punkrock stehen, ihre eingängigen Dreiminüter jedoch lieber in den Dienst der Romantik und einer Konsenstauglichkeit stellen, die ohne besondere formale Überraschungen auskommt. Man könnte sagen: wie geschaffen für das Nachmittagsprogramm des heimischen Radiosenders FM4.

Dass sich die an den Tag gelegte Offenherzigkeit der Band stellenweise als pubertäre Stammbuchlyrik ausnimmt, führen Songs wie Concrete Bed vor Augen, in denen Banalitäten wie "To find someone you love / you''ve gotta be someone you love" eingetragen sind. Dass man damit trotzdem die Massen bewegen kann, zeigte nicht nur das Konzert.

Das Vorgängeralbum von Nada Surf, Let Go, wurde von den Fans der Band als mannigfaltige Identifikationsfläche genutzt. Es soll sogar ein Buch mit Shortstorys geben, die nach den Songtiteln von Let Go benannt sind, und das bedeutungsschwanger nach einem Bob-Dylan-Album betitelte Stück Blonde On Blonde diente als Titelstück zu dem deutschen Film Sommersturm von Marco Kreuzpaintner mit Robert Stadlober - der Montagabend dann auch im Publikum gesichtet wurde.

Im wahrsten Sinn des Wortes auf der Bildfläche aufgetaucht sind Nada Surf 1996. In jenem Jahr veröffentlichte die Band ihr Debüt High/Low, und das Video zur Single-Auskoppelung Popular wurde zu einem der meistgespielten Clips auf MTV. Danach setzte die Band alles daran, um nicht als One-Hit-Wonder zu versanden. Das ist gelungen.

Aktuell befindet sich die Band auf Welttournee und füllt konsequent Halle um Halle. Zwischen heftigeren Stücken wie Fruit Fly mischten Caws, Schlagzeuger Ira Elliot und der auch öfter privat in Wien umtriebige Daniel Lorca Balladen wie Killian's Red, in denen Lorca den Late-Night-Kunstraucher gab, während er seinen Bass zupfte, wie manch ein House-DJ an den Bassreglern. Lustig.

Trotzdem gab es im Verlauf der Show Längen, die der Gleichmäßigkeit des Nada-Surf-Rock geschuldet sind. Wie leicht diese zu unterbrechen wäre, zeigte sich, als man Howie Beck, der zuvor im Alleingang die Aufwärmrunde bestritten hatte, auf die Bühne bat. Mit einer zweiten Gitarre im Anschlag erzeugten Nada Surf dann doch erheblich mehr Druck. Leider nur für die Dauer eines Songs. (Karl Fluch/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30. 11. 2005)