Sie haben in der Politik bereits Karriere gemacht (v. li.): Eva Glawischnig (Grüne,), Maria Fekter (ÖVP), Karin Resetarits (Liberale) und Gabi Burgstaller (SPÖ) diskutierten über männliche Rituale und Frauenquoten.
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Verglichen mit der Wirtschaft haben es Frauen in der Politik inzwischen leichter, Führungspositionen zu erobern. Neben individueller Förderung und glücklichen Zufällen kommt den verschieden Modellen der Quotenregelung entscheidende Bedeutung zu.


Salzburg - "Wer in Sitzungen viel redet, ist wichtig", Nachbesprechungen an der Theke oder "jeden Abend bei einer Veranstaltung" sein zu müssen - solche und andere "männliche Rituale" sind Dinge, die Frauen bei ihrem Einstieg in das politische Geschäft am meisten stören. So weit waren sich Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SP), die stellvertretende Bundessprecherin der Grünen, Eva Glawischnig, und VP-Justizsprecherin Maria Fekter bei einer Podiumsdiskussion am Montagabend in Salzburg einig. Burgstaller, Fekter, Glawischnig sowie die liberale EU-Parlamentarierin Karin Resetarits, die aus Brüssel kommend mit Verspätung zu der Veranstaltung gestoßen war, diskutierten auf Einladung der Vereinigung weiblicher Führungskräfte, European Women's Management Development Network (EWMD), über "Frauenkarrieren in der Politik".

Mosaik-Karriere

Schon bei den Antworten auf die Frage von Moderatorin Katharina Krawagna-Pfeifer nach dem Werdegang der Spitzenpolitikerinnen werden Unterschiede deutlich: Während Burgstaller ausdrücklich die individuelle Rolle des ehemaligen SP-Landesparteichefs Gerhard Buchleitner und von Landeshauptfraustellvertreter Othmar Raus als Förderer betont, sieht Fekter ihre Karriere aus "Mosaiksteinen glücklicher Umstände" zusammengesetzt: Sie habe dann am meisten profitiert, wenn sich die Männer untereinander nicht einig gewesen seien. Die Vorsitzende des Justizausschusses im Nationalrat ortet für Frauen "subtile Barrieren" in der Politik: Der Infofluss laufe oft an ihnen vorbei, weil Männer "auf dich vergessen".

Es blieb Glawischnig vorbehalten, die Bedeutung der "strukturellen Förderung" hervorzustreichen: Auf den Listen gebe es beispielsweise auch Quoten für Bauern oder Regionen. Somit würden Männer auch nicht immer nach ihrer Qualifikation ausgewählt. Sie selbst habe jedenfalls "von der Quote bei den Grünen profitiert." Bei diesem Thema herrscht dann doch Einigkeit über die Parteigrenzen hinweg: Auch Resetarits hält Quoten für notwendig. Die 40-Prozent-Frauenquote der SPÖ und die 33-Prozent-Frauenquote der ÖVP wären nicht ausreichend, so Burgstaller beziehungsweise Fekter. Neben einer Revidierung der Frauenquote in der SPÖ nach oben drängt Salzburgs Landeshauptfrau auch auf eine Erhöhung des Frauenanteils in den Gewerkschaftsgremien. Da die Zuständigkeit für die Kollektivverträge bei den Sozialpartnern liege, könne so mehr Einkommensgerechtigkeit hergestellt werden.

Weibliche Polit-Rituale

Dass Politikerinnen gegen die kritisierten Polit-Rituale auch nicht immun sind, ist im gut besuchten Saal des Salzburger Künstlerhauses ebenfalls deutlich geworden. Mehr als die Hälfte der Diskussionszeit ist für das Abtauschen bekannter Standpunkte wie "Recht auf Kinderbetreuung" (Burgstaller), "Mindestlohngesetz" (Glawischnig), "keine Zwangsbeglückung" und "keine gesetzlichen Lohnvorschriften" (Fekter) verbraucht worden. Mögliche Themen wie beispielsweise das, ob es im Umgang untereinander Unterschiede zu den männlichen Kollegen gebe - etwa wenn zwei Frauen denselben Posten anstreben -, blieben ausgeklammert. (Thomas Neuhold/D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 30.11. 2005)