Geschlechterpolitik
Wolfgang Schüssel wollte Gertraud Knoll als Ministerin
Das erklärt die Superintendentin in einem Interview
Wien - Bundeskanzler ÖVP-Obmann Wolfgang Schüssel wollte 1995 die burgenländische Superintendentin Gertraud Knoll als parteifreie Ministerin in die Regierung holen. Das erklärt Knoll in einem Interview in der neuesten Ausgabe des Nachrichtenmagazins "Format". Sie, Knoll, habe aber abgelehnt, weil sie keinerlei Qualifizierung verspürt habe. Ihre Ablehnung könnte ein Grund dafür sein, dass Schüssel bisher zu den Angriffen gegen sie geschwiegen habe, mutmaßt Knoll.
Jedenfalls könne Schüssel wohl nicht glauben, dass sie eine "links-linke Ideologin" sei, wie "heute gern von Schwarz-Blau behauptet wird". "Sonst hätte er mich damals sicher nicht gefragt", glaubt Knoll.
Sonderurlaub beendet
Die Superintendentin ist aus ihrem Sonderurlaub zurückgekehrt, den sie am 20. März dieses Jahres nach Morddrohungen angetreten hatte. Auf die Frage, ob sie glaube, dass die Drohungen gegen sie mit der ÖVP-FPÖ-Koalition zusammenhängen, meint Knoll: "Die Tonlage und Qualität der großen Bierzeltreden des Jörg Haider hat alle ermutigt, die das für ihr Niveau und ihre Weltsicht halten. Dass ein Koalitionspakt zwischen Wolfgang Schüssel und Jörg Haider möglich geworden ist, hat diesen Menschen einen unheimlichen Auftrieb und wohl auch eine Legitimation gegeben, in dieser Qualität der Sprache gegen andere Menschen vorzugehen und wieder beschämend dieselben Sündenböcke und Feindbilder zu suchen."
Auf die Frage, ob sie sich von der Regierung im Stich gelassen fühlt, sagt die Superintendentin: "Es geht einfach nicht, dass eine politische Partei feststellt, wer als Bischöfin oder als Pfarrer genehm ist. Das ist der springende Punkt. Dazu ist bis jetzt noch nichts gesagt worden."
Auf Österreich kommen Verschlechterungen zu
An eine Änderung der FPÖ unter Susanne Riess-Passer glaubt Knoll nicht. Insgesamt sieht sie auf Österreich Verschlechterungen zukommen: "Ich fürchte, dass der ungebremste Kapitalismus in Österreich fröhlichen Einzug hält und der Staat sich mehr und mehr aus seiner sozialen Verantwortung ziehen wird. Das wird uns in nächster Zeit beschäftigen." (APA)